Seelsorge ist keine reine Frauensache

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Seelsorge ist keine reine Frauensache

Da sitze ich in meinem Sessel und heule mir schon wieder die Augen aus dem Kopf. Dabei habe ich mich getrennt und nicht er. Alles zieht mich zurück zu ihm, aber ich weiß, dass es so nicht geht. Nicht einfach, weil es „nicht passt“ – auch das ist schwierig genug, wenn erst einmal ein gewisses Alter erreicht ist. Sondern weil da die Dämonen der unverarbeiteten Frauenbeziehungen herumschwirren. 

Schlachtfelder 

Wieder einmal ein Mann, der zutiefst verletzt aus seiner Scheidung hervorgegangen ist. Und es irgendwie noch nicht einmal merkt. „Ist doch klar, dass du in unserem Alter keinen heilen, unverbrauchten Partner mehr bekommen wirst“, sagt er. Ja, verstehe ich. Ist leider oft so. Aber was ich nicht verstehe ist, wie manche Männer mit diesen verwüsteten Schlachtfeldern in sich herumlaufen und meinen, das sei alles Vergangenheit. Wenn die nächste Frau kommt, fängt einfach alles noch einmal neu an. Seite umschlagen, neues Kapitel. 

Tut es nicht. Die nächste Frau wird sich plötzlich genau auf diesem Schlachtfeld wiederfinden. Stets darauf bedacht, in keine verbliebene Tretmine zu treten. Davon gibt es nämlich meist einige, und die Frau lernt nur mühsam, wo sie mit ihnen rechnen muss. Mit ihr haben sie nämlich nichts zu tun. Vorsichtig lernt sie, wohin sie ihren Fuß setzen darf und wo mit plötzlichen Stimmungsumbrüchen zu rechnen ist. Auf einmal ist nämlich wieder alles da, was der Mann lange überwunden glaubte: die Ängste vor den Wutausbrüchen, Rückzügen, Forderungen, Anklagen oder sonstigen Macken der Frau. Als ob der Mann jahrelang das Feld nur eingezäunt hätte – Schild dran: „Betreten verboten“.

Erloschenes Feuer

Diesmal war es eigentlich anders. Ein Mann, der sich neu einlassen und investieren konnte, nicht immer gleich mit der Hand an der Bremse, falls doch etwas einen leichten Geruch nach vergangenen Situationen bekommen könnte. Einer, der ohne Bitterkeit vom Schlachtfeld hervorgegangen ist, obwohl die Scheidung nicht von ihm ausging. Aber dessen Feuer damals erloschen ist und der sich danach nicht wirklich darum bemüht zu haben scheint, es wieder in Gang zu bekommen. Der keine Vorstellung davon zu haben scheint, wie Gott im menschlichen Herzen Verletzungen heilen kann. Der auch seinen Draht zu Gott auf diesem Schlachtfeld irgendwie verloren zu haben scheint. Und der sich nun an meinem Feuer wärmen will. 

Je näher wir uns kommen, desto stärker spüre ich es: Das kann nicht funktionieren. Er hat keine eigene Leidenschaft mehr. Berufung, Träume, Interessen – alles scheint irgendwie egal zu sein, Hauptsache ich bin an seiner Seite. Der Hauch des Todes, der irgendwann mein eigenes Feuer ersticken wird. Als ich mit ihm darüber spreche, gibt er mir prompt recht, scheint aber keine Erwartung zu haben, dass sich daran etwas ändern ließe. Stattdessen ist er enttäuscht, dass ich unserer Beziehung keine Chance gebe, gemeinsam daran zu arbeiten. 

Aufarbeiten statt verdrängen

Es gibt Dinge, die kann man nicht gemeinsam bearbeiten. Die muss jeder allein für sich tun. Seelsorge ist nicht nur für Frauen. Männer, macht eure Hausaufgaben und bearbeitet eure Verletzungen und üblen Erfahrungen mit Partnerinnen, die egoistisch, ungerecht, besitzergreifend, unehrlich, kapriziös und was weiß ich noch waren, bitte nicht erst, wenn ihr eure nächste Beziehung eingeht! Eure kommende Partnerin wird es euch danken, wenn ihr euch jetzt mit unverarbeiteten Frauenbeziehungen auseinandersetzt. 

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Charly
3 Jahre zuvor

Also zunächst einmal, aus dieser Sichtweise sicherlich eine berechtigte Beschwerde an die Männer.
Doch nun arbeite ich auch vermehrt mit geschiedenen Christen und muss das kommentieren.
Anzunehmen, nur Männer täten sich schwer mit der Aufarbeitung der gescheiterten Ehe, liegt völlig falsch. Auch Frauen glänzen hierin nicht wirklich.
Beliebte Strategie beiderseits: Direkt (möglichst noch in der bereits gescheiterten Ehe) von der einen Beziehung in die andere. Nur keine Zeit des Alleinbleibens dazwischen, keinerlei Muße der Aufarbeitung, nichts. Männer und Frauen – kaum ein Unterschied!

Ist es möglich im fortgeschrittenen Alter einen Partner / eine Partnerin zu bekommen, die nicht in ihren Verletzungen lebt und „unverbrauchter“ ist? Ja natürlich ist das möglich. Dazu braucht es aber wenigstens zwei oder mehr Jahre zwischen den Beziehungen und eine aktive Aufarbeitung des Scheidungstraumas.

Also Männer und auch Frauen: ihr seid gefragt. Seelsorge oder ggf auch therapeutische Begleitung ist alles, aber keine Schande.