Mächtig ohnmächtig

ohnmächtig
© Ameer Basheer / unsplash.com

Mächtig ohnmächtig

„Seid untereinander so gesinnt, wie es dem Leben in Christus Jesus entspricht: Er war Gott gleich, hielt aber nicht daran fest, Gott gleich zu sein, sondern er entäußerte sich und wurde wie ein Sklave und den Menschen gleich. Sein Leben war das eines Menschen; er erniedrigte sich und war gehorsam bis zum Tod, bis zum Tod am Kreuz. Darum hat ihn Gott über alle erhöht und ihm den Namen verliehen, der größer ist als alle Namen, damit alle im Himmel, auf der Erde und unter der Erde ihr Knie beugen vor dem Namen Jesu und jeder Mund bekennt: Jesus Christus ist der Herr zur Ehre Gottes, des Vaters.“ (Phil 2,5-11 – Einheitsübersetzung)

Der Mächtige machte sich ohnmächtig

Paulus verweist uns im oben zitierten Text des Philipperbriefes auf Jesu Vorbild. Er stellt diesen als jemanden dar, der – trotz seiner Gottgleichheit – nicht an seiner Macht festhielt, sondern sich freiwillig demütigte, den Menschen gleich wurde und gehorsam war bis zum Tod am Kreuz. Der Mächtige machte sich ohnmächtig, aus Liebe uns gegenüber verzichtete er auf seine Macht, ließ sich für uns kreuzigen – und erwies gerade darin seine göttliche Macht, denn nur so konnte er uns erretten und uns mit Gott versöhnen. Jesus ging für uns „offline“, damit wir mit Gott „online“ gehen können.

Jesu Vorbild

Es ist interessant, dass Paulus aus diesem einzigartigen Heilshandeln Jesu eine Handlungsanweisung für uns alle ableitet; in den Versen davor nennt er einige Konkretisierungen für uns: Wenn wir Jesus zum Vorbild nehmen, werden wir bescheiden und uneigennützig sein, werden das Wohl des anderen im Blick haben und ihn sogar höher achten als uns selbst.

Fällt uns Männern das alles leicht? Wohl kaum! Unser Alltag ist eher von Machtkämpfen bestimmt, wir kämpfen um unsere Rechte, für unsere Karriere, unser Ansehen, unser Geld. Das alles mag auch seine Berechtigung haben, aber wirklich reif und Jesus ähnlich sind wir erst dann geworden, wenn wir diese Dinge innerlich loslassen können, wenn wir anderen den Vortritt lassen, weil wir sie höher achten als uns selbst.

Dem anderen den Vortritt geben

Ich finde das herausfordernd, besonders, wenn es im Alltag, im Kleinen ganz praktisch wird: Gebe ich im Gespräch oder in einer Diskussion dem anderen den Vortritt? Verzichte ich auf einen Parkplatz für einen anderen Autofahrer? Lasse ich es zu, dass sich jemand vor mir in die Warteschlange an der Kasse stellt? Das alles würde es möglicherweise (auch) bedeuten, den anderen höher als sich selbst zu achten. 

Wie ist das zu schaffen?

Wenn ich ehrlich bin, muss ich zugeben: Mir fällt es schwer, mich freiwillig ohnmächtig zu machen, demütig zu sein, bescheiden zu bleiben, Rechte aufzugeben. Doch gerade deshalb gilt die Aufforderung von Paulus auch mir: „Seid untereinander so gesinnt, wie es dem Leben in Christus Jesus entspricht.“ (Phil 2,5) Das schaffe ich nicht aus mir selbst heraus, sondern nur durch Gottes Gnade. Wenn ich mich von ihm immer mehr und immer wieder umgestalten lasse, dann kann ich mich wirklich ändern, dann kann ich Jesus ähnlicher werden – und den anderen höher achten als mich selbst.

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