Ich will treu bleiben

Paar
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Ich will treu bleiben

„Du kannst nicht treu sein; nein, nein, das kannst du nicht, wenn auch dein Mund mir wahre Liebe verspricht …“   In diesem alten Schlager drückt eine Frau die Erfahrung aus, die sie mit ihrem Mann gemacht hat. Er ist voll guter Absicht; sie allein möchte er lieben. Das meint er ernst. Tief in ihm ist die Absicht, bei der einen Frau zu bleiben, seine Gedanken und Gefühle auf sie auszurichten und sich nicht von fremden Frauen verführen zu lassen.

Die Stunde der Versuchung

Doch dann kommt wieder die Stunde der Versuchung. Seine Sinne nehmen wahr, dass es auch andere reizvolle Wesen gibt. In ihm kommt etwas in Gang, das eine Eigendynamik entwickelt. Er schaut immer wieder hin; seine Phantasie malt sich aus, wie nett ein Flirt wäre; die erotische Ausstrahlung der weiblichen Wesen trifft bei ihm auf Rezeptoren, die reagieren, unabhängig davon, ob er sich einer Frau verbunden hat oder nicht.

Es kann genussvoll sein, der Dame seines Herzens, seiner Ehefrau, ein paar weitere Frauen in der Phantasie hinzuzufügen. Jede von ihnen ist mit Attributen ausgestattet, die sie von anderen abhebt. In der Gefühlswelt des Mannes ergibt sich ein Blumenstrauß, dessen Existenz niemand anderes wahrnimmt.  

Mancher Mann versucht sich dagegen zu wehren, weil er es als Verfremdung ansieht. Ein anderer erfreut sich an dieser zugelassenen Vielfalt. Wirklichkeit ist: das gedankliche Vorhandensein anderer Frauen relativiert die eigene Frau, der man ein Ja auf Lebenszeit gegeben hat. Durch die emotionale Einbeziehung der fremden Frau wird die eigene teilentwertet. Sie ist nicht mehr die Königin des Herzens, sondern hat diesen Platz neben anderen inne. 

Sauber bleiben 

Sicher gibt es viele nette Frauen auf der Welt. Mit manch einer könnte man die Ehe führen. Doch hat man sich festgelegt und der einen versprochen, dass sie die Einzige ist. Um diesem Versprechen ein besonderes Gewicht zu verleihen, nehmen Christen Gott als Zeugen und schließen den ehelichen Bund vor ihm. Das Bemühen, treu zu bleiben, bezieht auch den geistlichen Aspekt mit ein. Der angefochtene Mann kann Hilfe bei Gott suchen, um den Versuchungen zu widerstehen und die Ehe mit Gehalt zu füllen. Er will nicht nur vor dem konkreten Fremdgehen bewahrt werden, sondern bis in seine Gedanken hinein seiner Frau treu sein. Er benötigt eine Mauer um seine Gedanken – einen Schutz für seine Gefühle. Sein tiefster Wunsch ist, Gefühle für andere Frauen gar nicht erst aufkommen zu lassen.

Wie kann es gelingen, „sauber“ zu bleiben, wo doch die Umwelt „verschmutzt“ ist?! Wie kann man rein bleiben, wenn die Unreinheit als die eigentliche Befreiung angepriesen wird? 

„Wir können nicht verhindern, dass Vögel über unseren Kopf fliegen, aber sehr wohl, dass sie Nester darauf bauen“, so ähnlich formulierte es einmal Martin Luther. Womit wir uns beschäftigen, das wird uns beschäftigen. Das bedeutet konkret: Mich fernhalten von Reizen, die mich zu falschen Zielen bringen. Da Bilder einen nachhaltigen Eindruck auf unser Denken und Fühlen bewirken,  benötigen wir ein „Frühwarnsystem“ für alles, was uns wegführt von der Treue: Nicht wahllos den Fernseher einschalten, sondern sich vorher informieren und gezielt nur das schauen, was uns interessiert und gut tut. Fernsehwerbung spricht oft die Erotik und den Sex an – also Vorsicht! „Ich will das nicht!“ – Diese Aussage kann uns dabei helfen, umzuschalten. Wir dürfen „prüde“ sein. Positiv formuliert heißt das: „Ich habe mich für die Reinheit entschieden!“  

Achtung Falle

Wer Abwechslung sucht, ist offen für fremde Reize. Oft stehen sie im Widerspruch zur Partnerin. Man behebt Mängel nicht dadurch, dass man sich das Fehlende von außerhalb holt! Und das meint nicht nur, dass man keine Geliebte hat und Bordells meidet. Auch sexuell stimulierende Videos und Bilder können die Ehe verfremden, denn die eigene Frau schneidet fast immer schlechter ab. In Gedanken wird die Traumfrau zur Herzensfrau. Als imaginäre Partnerin steht sie zwischen den Ehepartnern und trennt sie.

Manche Wünsche an die eigene Frau sind von außen aufgenommen, also fremdbestimmt. Durch entsprechende Suggestion werden sie zu einem vermeintlichen Bedürfnis. Man meint ein Recht auf die Stillung dieses Bedürfnisses zu haben.

Die Ehe nicht an Defiziten fest machen

Ehe heißt auch Arbeit. Wer sich nur gehen lässt, darf sich nicht wundern, wenn es langweilig dabei wird. Vieles latent Vorhandene kann durch zärtliche Zuwendung geweckt werden. Zeit zum Zuhören, ein offenes Ohr für die manchmal verschlungene Gefühlswelt der Frau, feinfühlige Komplimente, Eingehen auf Bitten, liebevoller Umgang lassen die eigene Frau zu einer zärtlichen Partnerin und die Ehe (wieder) lebendig werden. Zuwendung und Geduld sind zwei Attribute, die zur Treue gehören. Denn es gibt schwierige Zeiten im Leben jedes Menschen. Persönlichkeitskrisen ziehen häufig auch Ehekrisen nach sich. Man sollte sich nicht davor scheuen, seelsorgerliche oder therapeutische Hilfe in Anspruch zu nehmen, wenn man Schwierigkeiten hat.  

Je länger ein Paar sich kennt, umso mehr kennt jeder die Schwachstellen des anderen. Man kann Reaktionen voraussehen, weiß, welche Antworten man bekommt – und was einen ärgert.

Häufig übersieht man dabei die guten Eigenschaften des Partners, weil man das Selbstverständliche nicht mehr wahrnimmt. Man leidet unter unerfüllten Wünschen, auf die die Partnerin nicht eingehen kann oder will. Mancher Traum wird in der Ehe unerfüllt bleiben, weil nicht alles realisierbar ist.

Unser Ehepartner ist nicht vollkommen – wir selbst auch nicht! Doch sollten wir uns bewusst auf die Vorzüge unserer Partnerin konzentrieren, statt uns auf das Fehlende zu fixieren. Wir sollten unserer Ehe immer wieder das Gute abgewinnen und der Partnerin dafür den Dank ausdrücken.

Leider sind Zuverlässigkeit, Freundschaftlichkeit, Atmosphäre schaffen, Essen zubereiten, Sparsamkeit und Für-den-anderen-Sorgen häufig keine Kriterien mehr, wenn es um die Partnerwahl geht. Dabei sind gerade diese Tugenden entscheidend, wenn man in Notlagen gerät wie Arbeitslosigkeit, Krankheit und andere Verlusterfahrungen. Es mag uns so ziemlich alles verloren gehen; doch wenn die Frau an unserer Seite zu uns steht, ihre Liebe ausdrückt und uns stärkt, gehen wir nicht unter. 

Alles mit meiner Frau abstimmen

Viele von denen, die sich keinen Seitensprung gestatten, lassen ihrer Phantasie dennoch freien Lauf. Das Motto „Die Gedanken sind frei …“ wird hier so verstanden, dass man zumindest denken und sich ausmalen darf, was man sich zu tun verbietet. Für Jesus ist auch dies Ehebruch, er macht keinen Unterschied zwischen den Gedanken und ihrer Ausführung. Schon das Zulassen und Genießen solcher Vorstellungen beschädigt die Ehe und die Substanz des Bundes, den man eingegangen ist. Zur Treue gehören Vertrauen, Beständigkeit und Zuverlässigkeit. Es gehört dazu, dass wir vieles nicht an uns heran bzw. in uns hineinlassen, was so verlockend wirkt und Lustgewinn verspricht.

Treue und Liebe haben zunächst nicht viel mit überschäumenden Gefühlen zu tun. Vielmehr basieren sie auf Entscheidungen, die man für eine Person und die Beziehung zu ihr getroffen hat. Das Ziel sollte sein, dass wir uns völlig einbringen, damit sich dieser Mensch bei uns wohl fühlt. Unsere Frau wollen wir als eine Gabe Gottes sehen. 

Treue und Liebe gehören in den Alltag. Der liebevolle Umgang miteinander müsste selbstverständlich sein. Wenn es unserem Ehepartner gut geht, geht es meistens auch uns selbst gut. „Wer seine Frau liebt, liebt sich selbst“, sagt der Apostel Paulus (Epheser 5,28b).

Natürlich haben auch wir Männer gewisse Bedürfnisse. Manche bringen wir aus dem Elternhaus mit, andere beziehen wir von Freunden, Büchern, Filmen etc. Diese Bedürfnisse müssen wir prüfen und mit unserer Partnerin abstimmen: Nimmt meine Frau Schaden, wenn ich meine Bedürfnisse verfolge? Kann sie das geben, was ich suche, ohne dass ich sie dabei unter Druck setze? Verfremde ich unsere Beziehung bzw. unser sexuelles Zusammensein, wenn ich Verhaltensweisen erwarte, mit denen sie sich nicht anfreunden kann? Missbrauche ich meine Frau, nur um etwas auszuleben, was mich gedanklich aufreizt?  

Gegen eine „moderne“ Gestaltung der körperlichen Begegnung ist nichts einzuwenden. Doch soll sie von beiden als Genuss empfunden werden. Jeder soll sich dabei als Beschenkter vorkommen und sich wohl fühlen. 

Reif werden

Die Begierden der Jugend, die zu fliehen Paulus auffordert (2 Timotheus 2,22), sind längst die Versuchungen der Erwachsenen und Verheirateten geworden. Mit dem Verheiratetsein ist man heute nicht unbedingt abgeklärt und sexuell versorgt, wie man es früher so sah. Heute ist ein reichhaltiges Angebot vorhanden, das sich in allen Altersstufen Zielgruppen sucht. Der angefochtene, moderne Mann muss mehr als früher auf das Reifwerden seiner Persönlichkeit achten und an sich arbeiten. Sein Ziel ist: „Ich will lieben!“ „Ich will treu sein!“ Im Umgang miteinander muss dieses Bemühen sichtbar sein. Der christliche Mann hat nicht nur seiner Frau die Treue versprochen, sondern er hat sich auch Gott gegenüber verpflichtet. Er wird die Versucher und Verführer(-innen) als solche erkennen und meiden. Sie sind schlechte Tröster, die eine schnelle Erleichterung versprechen und mit denen man sich lang anhaltende Probleme einhandelt. Gibt man ihnen nach, verliert man leicht den Menschen, der einem in Freud und Leid zur Seite steht.

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