„Ich war PC-süchtig!“

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„Ich war PC-süchtig!“

„Haste Lust zu vernetzen?“, wurde ich früher ständig gefragt. Lust hatte ich – und davon nicht zu wenig. Dass ich PC-süchtig werden könnte – daran dachte ich keine Sekunde lang.

Anders sah es mit der Zeit aus – aber danach wurde ja nicht gefragt. Also zerbrach ich mir auch nicht den Kopf darüber. Damals zumindest. Die Frage, ob ich Sinnvolleres mit meiner Zeit hätte anfangen können, war völlig belanglos. Was wollte ich nachts schon Besseres machen, als mich mit meinen „Freunden“ in irgendwelchen Ballerspielen gegenseitig umzunieten oder bei Autorennspielen zu messen?

Für einen Jugendlichen wie mich zählten in der Regel nur vier Dinge: Frauen, Freunde, Alkohol und Fußball. Womit dann auch schon abgesteckt war, wo man mich in der Regel antreffen konnte: in der Disco, beim Kicken oder eben auf LAN-Partys. Man mag sich vorstellen, auf welchem Level sich meine sozialen Fähigkeiten befanden – aber das war ja auch egal, Hauptsache es machte Spaß. Und einsam fühlte ich mich auch nicht, schließlich hatte ich ständig Leute um mich. Was will man(n) mehr?

Aus heutiger Sicht würde ich sagen, dass ich PC-süchtig war. Damals hat mich das nicht gejuckt. Ich habe mir jedes neue Spiel (illegal) gebrannt und gecrackt.* Aus Interesse habe ich es mal nachgerechnet: der Wert aller meiner gebrannten Spiele war fünfstellig. Ganz schön viel für einen Schüler.

Es fing ganz harmlos an

Angefangen hatte alles ganz harmlos. Es muss Anfang der 90er gewesen sein, als ich als kleiner Junge einen Super Nintendo geschenkt bekam. Zunächst konnte ich nur Super Mario darauf spielen. Nach und nach kamen weitere Spiele dazu – zuletzt waren es mehr als 200! Wenig später saß ich dann das erste Mal vor einem Rechner. Die „Geburt“ des Internets habe ich hautnah miterlebt – und schier unendlich viel Zeit beim Spielen, Surfen, Chatten, E-Mailen, Musik-Hören, Programmieren und Chillen verbracht.

Diese Zeit sollte mir dann anderswo fehlen, besonders in der Schule und in meinen Freundschaften. Das wurde mir zunehmend klar. Denn Gott, an den ich schon „irgendwie“ glaubte, hat schließlich keine Pseudonyme geschaffen, sondern echte Menschen! Wer aber den ganzen Tag vorm PC sitzt (oder sich an anderen „kommunikationsarmen“ Orten aufhält), erkennt den Unterschied nicht. Auch das Internet kann nicht in diese Tiefe vordringen. Das habe ich schmerzhaft erfahren. Es wurde immer surrealer, oberflächlicher für mich. Ich wünschte mir mehr Tiefe!

Nicht süchtig, sondern richtig online gehen

Deshalb bat ich Gott um ein Mehr an Tiefe. Aber statt mehr wurde es weniger, weil nämlich auf meiner Suche nach Gott die einzig wirklich tiefe Beziehung, die ich bis dahin hatte, zerbrach. Aber in dieser Zeit habe ich jemand anderen kennengelernt, ganz persönlich, nämlich Gott selbst durch Jesus Christus. Und Schritt für Schritt hat er mich wieder „beziehungsfähig“ gemacht.

Es war eine schwierige Baustelle für mich, dass ich PC-süchtig war. Ich musste erkennen, welche Motive hinter dieser Sucht steckten: falsche Prioritäten, Flucht vor Problemen, Frust, Stress und der Wunsch, zu gewinnen, belohnt zu werden. Ich musste rigoros durchgreifen. So habe ich heute kein Internet mehr zu Hause. 300 CDs sind in den gelben Sack gewandert. Das Internet dient jetzt mir und nicht umgekehrt. Hin und wieder spiele ich dann doch noch – aber erst nach getaner Arbeit, als Belohnung. Von den Chats, Facebooks, StudiVZs dieser Welt halte ich mich so fern wie möglich. Dagegen versuche ich meiner Frau und meinen Freunden soviel „reale“ Zeit wie möglich zu widmen. Und ich fühle mich endlich wirklich „online“.

 

* Cracken nennt man das Umgehen des Kopierschutzes bei Software.

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