Wir dürfen Männer in ihrer Arbeitswelt nicht allein lassen – als ob das Evangelium werktags nicht gelten würde! Leider scheinen sich unsere christlichen Gemeinden und Kirchen mit Männern und der Arbeitswelt kaum auszukennen. So leben viele fromme Männer in zwei Welten: sonntags in der entspannten und heilen christlichen Welt – und montags bis freitags in der kräftezehrenden und verführerischen Arbeitswelt.
Der Sonntags-Mann
Ich gehe gerne arbeiten, aber das war nicht immer so. Der Zuständige, der mich nach meiner Tätigkeit als junger Bauingenieur in den Schuldienst einwies, sagte mir damals: „Herr Rösch, Sie leben in zwei Welten, die sich nicht berühren. Entweder Sie verlassen Ihre überfromme Gemeindewelt und sind gut hier in der Schule, oder Sie kündigen Ihren Schuldienst und werden immer frömmer.“ Das saß!
Ich suchte das „Reich Gottes“ zu weit weg von meinem Berufsleben, in dem ich fast ausschließlich mit Männern zu tun habe. Ich leite eine kleine Fachschule für Metallbautechnik. Kein Vater und keine Gemeinde hat mir ein Gespür dafür vermittelt, wie Männer ticken. Doch Gott warf mich in eine reine Männerwelt und schien zu sagen: „Lerne, zu überleben!“
Heute liebe ich sie – die arbeitenden Männer und wie sie miteinander umgehen. Ich weiß inzwischen, dass Gott einem an jeder Straßenecke begegnen kann, auch an jeder Tür zum Arbeitszimmer! Es geht darum, dass wir mehr Präsenz Gottes in unseren Berufsalltag hineinbekommen.
Die sieben Todsünden in der Arbeitswelt
Dass viele christliche Männer ihr Arbeits- und Berufsleben komplett von ihrem Glauben abkoppeln, hat seine Gründe. Denn gerade in der Arbeitswelt sehen wir uns mit Problemen und Versuchungen konfrontiert, auf die wir in unseren Gemeinden nicht vorbereitet wurden. Dabei sprach schon im Altertum der Mönch Evagrius Pontikus von Versuchungen oder Verfehlungen des arbeitenden Mannes, die später in die Lehre von den sieben Todsünden einging:
1. Er kann nicht genug kriegen (Völlerei).
2. Er fängt irgendwann an, „rumzuhuren“ und vergreift sich an einer Mitarbeiterin (Wollust oder Unzucht).
3. Er strebt nach Besitz und mauschelt mit dem Geld (Habsucht).
4. Er vergleicht sich mit Mitarbeitern und schwärzt sie an (Neid).
5. Er gerät in Zorn, meist gegenüber dem Chef (Wut).
6. Er ist faul (Trägheit).
7. Er will immer mehr Macht, und wenn er sie hat, wird er größenwahnsinnig (Stolz).
Ich habe genug Männer in meinen Männergruppen, die in mindestens einem der sieben Punkte gefallen sind und es jetzt bitter bereuen. Sie sind hart aufgeschlagen!
Der Werktags-Gott
Ich musste erst mal erlöst werden, um nun erlöst arbeiten zu können. Auch habe ich, was Arbeit anbelangt, sehr viel in der christlichen Männerbewegung gelernt – mehr als in 30 Jahren Gemeindemann-Dasein.
Heute schaffe ich es viel besser, den Frieden Gottes in ein Arbeitszimmer oder eine Schulklasse zu bringen, weil ich Frieden mit der „unerlösten Welt“ geschlossen habe. Ich versuche solidarisch mit allen Männern zu sein, weil ich ja an den gleichen Männerkrankheiten leide wie meine Kollegen.
Bei mir im Klassenzimmer hängt keine nackte Frau, kein beleidigender Spruch, es wird nicht geflucht, ich sage mit Vollmacht (gesunder Aggression), dass ich das nicht will. Klar versuche ich meine Sorgen auf Gott zu werfen, aber das gelingt mir bei meiner schwierigen Vaterbeziehung oft nicht gut; der hatte nämlich kein Ohr für meine Nöte, konnte sich kaum in mich hineinversetzen. Da bin ich noch am Üben.
Ganz wesentlich war für mich die Erkenntnis, dass ich ein „guter Sohn“ bin, der mit dem himmlischen Vater an der Seite eine gute Entscheidungskompetenz entwickelt. Oft kann ich blitzschnell eine Situation erkennen und sicher handeln. Da komme ich in ein Zimmer, spüre die Situation und „schlage zu“ – mit einem friedlichen Wort, einer Kurskorrektur, einem neuen Gesichtspunkt. Das kommt wohl vom Heiligen Geist, der in mir wohnt.
Ich werde mit meiner üblen Vatergeschichte wohl nie ganz vollkommen sein können; wichtig ist aber, dass ich unterwegs bin zur „vollen Mannesreife in Christus“ (Eph 4,13). Danach sollten wir Männer alle streben – und dabei nicht aufgeben! Denn in der Bibel lesen wir, dass wir in Jesus Christus geschaffen sind „zu guten Werken, die Gott vorher bereitet hat, damit wir in ihnen wandeln sollen.“ (Eph 2,10)