Gewalt gegen Männer

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Gewalt gegen Männer

Im Zusammenhang mit Gewalt denkt man in der Regel an Männer – als Täter. Dass aber ebenso – auf der anderen Seite – die Opfer von Gewalt hauptsächlich Männer sind, ist im gesellschaftlichen Bewusstsein wenig präsent und wird tabuisiert. Gewalttäter und Gewaltopfer sind also hauptsächlich Männer.

Formen

Studien zu Männern als Täter und zu Frauen als Opfer werden bereits seit längerem durchgeführt. Gewalt gegen Männer ist relativ wenig erforscht. Eine der aussagekräftigsten Quellen stellt die 2004 durchgeführte Pilotstudie „Gewalt gegen Männer“ dar, die im Auftrag des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend durchgeführt wurde (nähere Infos s. Kasten).

Hierbei ist zwischen körperlicher, psychischer und sexualisierter Gewalt zu unterscheiden. Alle drei Formen kommen – in unterschiedlichen Lebensphasen der Männer unterschiedlich stark ausgeprägt – bei Männern vor. In der Kindheit und Jugend ist das Risiko, Opfer von Gewalthandlungen zu werden, für Männer sehr viel größer als im Erwachsenenleben. Laut Pilotstudie sagten drei von fünf Männern, dass sie als Kinder oder Jugendliche geschlagen, geohrfeigt, getreten oder verhauen worden sind.

Körperliche Gewalt widerfährt Männern überwiegend in der Öffentlichkeit und Freizeit, psychische überwiegend in der Arbeitswelt (z. B. Schikane, Mobbing). Innerhalb von Lebensgemeinschaften gibt es keine eindeutige Gewichtung. Auffällig ist hier der viel genannte Bereich der sozialen Kontrolle durch die Partnerin (z. B. Kontrolle der Außenkontakte, Überwachung der Kommunikation).
Sexualisierte Gewalt gegen Männer in der Öffentlichkeit und Freizeit existiert in einer Bandbreite von sexueller Belästigung über Nötigung bis hin zu Vergewaltigung. Hinsichtlich solcher Gewalterfahrungen im Erwachsenenleben scheinen Männer die größten Hemmungen zu haben, darüber zu berichten. Die Dunkelziffer scheint entsprechend hoch zu sein.

Orte

Auffällig ist, dass nicht alle Gewalthandlungen von den Männern gleichermaßen wahrgenommen und erzählt werden. Bestimmte Gewaltformen sind so „normal“ im Männerleben, dass sie nicht als Gewalt wahrgenommen werden und dadurch auch nur begrenzt erinnert werden. Hierzu gehören drastische Erziehungsmethoden aus der Kindheit und Schlägereien mit anderen Männern. Viele Männer identifizieren solche Erfahrungen nicht als Gewalt und empfinden sich nicht als Opfer.
In bestimmten institutionellen Zusammenhängen widerfährt Jungen und Männern besonders viel Gewaltanwendung. Dazu gehören in verschiedenem Ausmaß Gefängnis, Krankenhaus, Psychiatrie, Heim und religiöse Gemeinschaften. Vor allem psychische Gewalt erleben viele Männer während ihres Wehrdienstes, teilweise auch während des Zivildienstes. Ebenso ist davon auszugehen, dass diskriminierte Bevölkerungsgruppen wie Menschen mit Behinderungen, ethnische Minderheiten und Homosexuelle einem erhöhten Gewaltrisiko unterliegen.

Besonders peinlich sind Männern häusliche Gewalterfahrungen, vor allem durch die Partnerin. Neben körperlicher Gewaltanwendung, die auch hier vorkommt, ist es vor allem die psychische Gewalt, die nicht wenige Männer erleben. Vergleicht man die Partnergewalt gegen Männer mit der gegen Frauen, zeigt sich sogar, dass Männer sowohl absolut als auch prozentual eher Opfer von Gewaltanwendungen durch die Partnerin werden als umgekehrt. Während Frauen häufiger Opfer von physischer Gewalt werden, werden Männer eher Opfer psychischer Gewalt.

Aufgrund des fehlenden Problembewusstseins in der Gesellschaft und der Angst seitens der Männer, sich als Gewaltopfer zu outen, sind entsprechende Hilfsangebote rar und werden relativ selten in Anspruch genommen. Ein „echter“ Mann wird eben kein Opfer von Gewalt, am allerwenigsten durch eine Frau. – Diese Einstellung ist immer noch so weit verbreitet, dass betroffene Männer mit einem Glaubwürdigkeitsproblem konfrontiert sind; dies kann so weit gehen, dass männlichen Opfern sogar die Täterrolle zugeschrieben wird. Inzwischen gibt es allerdings die ersten „Männerhäuser“ in Deutschland und der Schweiz.

Maßnahmen gegen Gewalt

Welche Maßnahmen sind nötig, um Gewalt gegen Männer zu verringern?

1. Gewalt gegen Männer darf nicht weiterhin tabuisiert werden. Sie braucht einen Öffentlichkeitscharakter und muss im gesellschaftlichen Bewusstsein ähnlich verankert werden wie Gewaltanwendungen gegen Frauen und Kinder. Hierzu ist es nötig, dass einerseits die Männer ihre Gewalterfahrungen nicht länger verschweigen und dass andererseits entsprechende Forschungsprojekte gefördert werden.

2. Konkrete Hilfsangebote für betroffene Männer müssen geschaffen bzw. ausgebaut werden. Für die Männerarbeit bedeutet dies u. a., dass nicht ausschließlich klassische Themen wie Partnerschaft, Sexualität, Arbeitsleben etc. bearbeitet werden, sondern eben auch Gewalterfahrungen auf körperlicher, psychischer und sexueller Ebene.

3. Von dem weit verbreiteten und durch die Medien geförderte „Feindbild Mann“ sollten wir Männer selbst uns verabschieden. Solange wir andere Männer primär als Konkurrenten oder Rivalen empfinden, leisten wir der Gewalt indirekt Vorschub. Andere Männer sollten wir nicht als potenzielle Feinde, sondern als potenzielle Freunde wahrnehmen.

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