Fragen und andere Begegnungen

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Fragen und andere Begegnungen

Gute Fragen

Gute Fragen finde ich klasse. Es gibt kaum ein größeres Kompliment, das man mir machen kann, als zu sagen: „Das war eine gute Frage!“ Die besten Fragen sind solche, bei denen das Gegenüber gut überlegen muss und beim Antworten etwas Neues über sich selbst entdeckt. Und der Fragende beim Entdecken dabei sein darf. Solche Erfahrungen des gemeinsamen Entdeckens, in denen man sich oder einem anderen Menschen auf die Spur kommt, gehören für mich zu den kostbarsten und begeisterndsten Momenten des Lebens.

Fragen bedeutet nicht Ausfragen

Andere Menschen empfinden Fragen offensichtlich anders. Ein langjähriger guter Freund sagte mir neulich: „Ich dachte früher immer, du willst mich ausfragen. Ich habe lange gebraucht, bis ich verstanden habe, dass du mir Fragen stellst, weil du dich wirklich dafür interessierst, wie es mir geht.“ Natürlich habe ich Interesse an ihm! Wenn er mir egal wäre, würde ich ihn doch nicht fragen. Ist doch logisch, oder?

Gemeinsame Aktivitäten

Aber weil er das offensichtlich ganz anders empfand, habe ich ihn gefragt: „Was machst du denn, wenn du jemandem tiefer begegnen willst?“ Er: „Etwas zusammen unternehmen und abwarten. Dann schauen, ob der andere mir von sich aus etwas erzählen will!“ Ah, so macht er, macht man(n) das. Das muss Frau erst mal gesagt werden …

Ein befreundeter Lehrer hatte mir mal etwas Ähnliches erzählt: „Ein Skilager ist die beste Zeit, um Schülern zu begegnen: Man ist den ganzen Tag zusammen, und früher oder später fährt man mit jedem mal Lift. Da kann man dann reden, wenn man will, muss man aber nicht.“

Der Wunsch nach Begegnung

(Manche) Männer ticken da offensichtlich anders als ich. Ich wünschte, das hätte mir schon früher mal jemand gesagt. Es hätte mir geholfen, zu wissen, dass Männer einander (auch) anders begegnen: Wenn sie etwas unternehmen, geht es nicht unbedingt nur um die Action oder das Abenteuer. Es kann auch den Wunsch nach Begegnung ausdrücken. Das hätte mir manches dumme Fehlurteil („Der ist ja gar nicht an echter Begegnung [= Reden] interessiert!“) erspart. Ich hätte gemeinsame Aktivitäten viel mehr genießen können, wenn ich sie stärker als eine Form der Begegnung wahrgenommen hätte; dabei hätte ich auch den anderen viel besser kennenlernen und manches Spannende und Neue entdecken können. Und manche meiner Fragen hätten sich vielleicht beantwortet, noch bevor ich sie gestellt hätte.

Faszinierendes Konzept

Aber dafür ist es noch nicht zu spät. Seit meiner neuen Erkenntnis freue ich mich darüber und darauf, neue, vielfältige Begegnungen zu haben. Ich kann Wandern, Sport, Klettern oder Spielen genießen – und dabei entdecken, was in einem anderen Menschen steckt. Ein faszinierendes Konzept! Merkwürdig, dass ich da noch nicht früher drauf gekommen bin. Und wenn ein Mann es dann womöglich bei einer Einladung zu einer Aktivität auch noch schafft, zu sagen: „Du, ich möchte gerne etwas mit dir unternehmen – weil ich dir begegnen will!“, dann wäre das natürlich erst recht richtig cool. Noch Fragen?

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