Der verlorene Sohn und sein Bruder

Party
© Pineapple Supply Co. / unsplash.com

Der verlorene Sohn und sein Bruder

Das vermeintlich schöne Leben

Mensch Mann, das wär´s doch! Warum warten? Einfach seinen Vater oder die Eltern um sein Erbe bitten und dann Party ohne Ende! Feiern bis zum Abwinken, edle Cocktails, gutes Essen, Freunde und schöne Frauen, die einem zu Füßen liegen und jeden Wunsch erfüllen – Männerherz, was willst du mehr? 

So manchmal ertappen wir uns vielleicht dann doch bei dem Gedanken, ob das nicht das wahre Leben ist: Das größte Haus, die meisten Follower, das neueste Smartphone, das schnellste Auto, die weiteste Reise … Statt immer nur zu buckeln, Tag ein Tag aus ranklotzen, Überstunden machen und dazu „on Top“ einen griesgrämigen Chef, der ständig am Kritisieren ist. „Nein, das ist nichts für mich!“, denkt sich der Sohn. „Soll mein großer Bruder doch so blöd sein, weiter daheim zu arbeiten! Ganz schön öde, immer nur der Handlanger und Vorarbeiter im Betrieb des Vaters zu sein, wo der Alte immer noch das Zepter fest in der Hand hält und den Betrieb nicht übergibt!“ 

Der Haken an der Sache

Das Ganze hat nur einen klitzekleinen Haken: Irgendwann ist die Party dann doch zu Ende (aktuell haben wir das in der Coronakrise erlebt): Kein Geld, keine Freunde, keine Frauen – nur ein paar armselige Erinnerungen an die große Sause, an die man sich erinnert, während man zum Mindestlohn Drecksarbeit verrichtet. Und die ganzen ach so guten Freunde? Ja, die angeblichen Freunde feiern weiter beim nächsten Gönner, der die Korken fliegen lässt. 

Der brave Mustersohn

So oder so ähnlich geht es dem verlorenen Sohn im gleichnamigen Gleichnis. So weit, so gut? Wahrscheinlich eher nicht! Aber – wie steht es eigentlich um seinen großen Bruder? Der taucht in den meisten Betrachtungen zu diesem Gleichnis so gut wie nie auf. Aber es lohnt sich, ihn näher kennenzulernen!

Immer brav gearbeitet, seinem Vater gehorcht, sich nichts gegönnt, nicht aufbegehrt, vielleicht ein Mustersöhnchen und Mamas Liebling! Nie rebelliert, immer schön zu Hause geblieben. Kommt dir das vielleicht auch bekannt vor? Ich glaube, diese Sehnsucht, einmal auszubrechen, die Verlockungen des Lebens auszukosten, kennt jeder von uns. Leider schleicht sich manchmal diese Sehnsucht wie ein zerstörerisches Gift in unsere Gedanken und setzt sich dort fest. Eine jüngere Frau, das schnelle Geld und Macht – der unheilvolle Dreiklang des angeblich wahren Lebens …

Aber zurück zum Bruder, dem unscheinbaren, uncoolen Looser. Einmal, ja einmal lässt er seine Wut und seinen Ärger über den missratenen Bruder heraus. Bei der Rückkehr seines jüngeren Bruders stellt er seinen Vater zur Rede: Wie gerne hätte er auch mal gefeiert; wäre auch mal aus seinem beschaulichen, langweiligen, eintönigen Leben ausgebrochen – so wie sein Bruder, der nun in aller Freude wieder in die Familie aufgenommen wird.

Treue lohnt sich

Kann man so sehen, muss man aber nicht! Sein kleiner Bruder hat schon alles auf Erden erhalten, mehr gibt’s nicht, kein finanzieller Nachschlag. Ab jetzt heißt es Arbeiten im Betrieb des Vaters, ohne wenn und aber, ohne zu murren! Aber auf ihn, den ach so braven Bruder, wartet noch etwas viel Größeres, das gesamte Erbe, nur für ihn! Er muss nicht mal mehr teilen.

Was für eine grandiose Erzählung: Wer im Kleinen treu seinem (himmlischen) Vater jetzt schon auf Erden dient, auf den wartet noch viel mehr. Es dauert nur noch ein bisschen.

Wer ungeduldig jetzt schon alles durchbringt wie der verlorene Sohn, der stürzt über kurz oder lang ganz übel ab. Erkaufter Ruhm, erkaufte Freundschaft und Beliebtheit sind nur flüchtige Lebensbegleiter. Und in einer medialen Gesellschaft ist das dann folgende Bashing noch viel schlimmer. 

Aber – Gott, unser Vater, ist gnädig! Mit beiden Brüdern! Nur zahlt der jüngere Bruder für seine Entscheidung einen hohen Preis – die Demut und die Treue zum Vater, die seinen großen Bruder auszeichnen, muss er auf die ganz harte Tour lernen.

Gott wartet

Wie tröstlich, dass Gott für dich und für mich die Tür (immer) wieder öffnet, die wir so wie der verlorene Sohn zugeschlagen haben! Gott geht uns entgegen und wartet am Tor auf unsere Rückkehr, jeden Tag, garantiert! Er freut sich darauf, für die, die zurückkommen, das beste Lamm zu schlachten und eine Welcome-Party vom Feinsten zu schmeißen, von der noch deine Kinder und Enkel erzählen werden. Und wenn es sein muss, auch ein zweites Mal. Nur – umkehren und sich auf den Rückweg zum Vater machen, das ehrliche Eingeständnis, falsch abgebogen zu sein – diesen Weg musst du schon selbst gehen, auch wenn es kein leichter Weg ist.

Vielleicht bleibe ich dann doch lieber gleich zu Hause und warte geduldig auf das große Erbe, das Gott, unser himmlischer Vater, mir versprochen hat! Ich freue mich darauf – auch wenn es noch dauert und manchmal ganz schön langweilig ist!

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Steve
Steve
3 Jahre zuvor

Mir gefällt die lockere Schreibweise sehr. Sie kollidiert nicht mit dem Inhalt, der vermittelt werden soll, sondern führt auf entspannte Art und Weise zum Nachdenken über die Unterschiedlichkeit der Brüder.

Melanie
Melanie
1 Monat zuvor

Zunächst freue ich mich sehr, dass jemand als leitender Oberarzt an Jesus glaubt. Der Auslegung über den älteren Sohn kann ich leider nicht zustimmen. Wenn man so will, ist der Ältere der eigentlich verlorene Sohn in dem Gleichnis. Oder anders ausgedrückt: Der Vater hatte nur verlorene Söhne. Der ältere Sohn versucht sich durch Werke den Himmel zu erarbeiten. Er hält sich nicht für einen Sünder, sondern für einen gerechten Menschen. Deshalb gibt es für ihn auch kein Fest zu feiern. Denn im Himmel herrscht Freude über einen Sünder, der umkehrt. So ist es auch beim Gleichnis vom verlorenen Schaf. Hier bedeuten die 99 Gerechten auch keine Menschen, sondern die Engel im Himmel, die Jesus zurückgelassen hat um das verlorene Schaf zu suchen.
Zurück zum verlorenen Sohn:
Der ältere Sohn hat die Herzenshaltung der Selbstgerechtigkeit und des Pharisäertums. Mit dieser Herzenshaltung ist mehr Freude am Glauben eben nicht drin… Er sieht sich nicht als Sohn, sondern als Knecht. Der Vater lädt ihn ein, umzudenken. Es stimmt nicht, dass der Ältere nie gegen den Willen seines Vaters gehandelt habe. Denn auch der ältere Sohn ist ein Sünder und braucht die Vergebung Gottes.
Bei Interesse kann ich knapp 40 Seiten zuschicken. Der Text heißt: „Die Party des verlorenen Sohnes – der ältere Sohn bekommt sein Fest“