Wann verspürten Sie das letzte Mal Wut, Trauer oder Angst? Kommt Ihnen vielleicht eine der folgenden Situationen bekannt vor?
- Bei der ausstehenden Beförderung hat man Sie übergangen.
- Ihr Geschäftspartner hat Sie über den Tisch gezogen.
- Sie haben Ihren Job verloren.
- Ein Freund hat Sie – allen Versprechungen zum Trotz – im Stich gelassen.
- Ihre Partnerin hat Sie wissen lassen, dass sie kein Interesse mehr an Ihnen hat.
Wie sind Sie mit dieser Situation umgegangen, und wie gehen Sie mit diesem Gefühl der Verlassenheit um? Lassen Sie Ihre Wut und Enttäuschung an Dritten aus, oder verfallen Sie einfach nur in Apathie und Leere? Stürzen Sie sich in allgemeine Betriebsamkeit, dröhnen sich mit Arbeit oder Alkohol zu?
Ich habe diese Art von Erfahrungen sowohl im privaten als auch im beruflichen Umfeld leider immer wieder selbst machen müssen. Dabei habe ich herausgefunden: Solche negativen Erlebnisse, die oft Trauer und Enttäuschung nach sich ziehen, können zur persönlichen Chance werden! Denn ich selbst entscheide, ob ich sie als solche nutzen möchte – oder ob ich mich einfach nur von ihnen herunterziehen lasse.
Wut und Ärger – ja bitte!
Erlebnisse wie die oben genannten fühlen sich ganz und gar nicht gut an! Sie lösen Wut und Ärger in uns aus, sogar den stärksten Mann können sie in die Knie zwingen. Denken Sie jetzt bitte nicht: „Das kann mir nicht passieren!“ – Doch, auch Ihnen kann es so ergehen, und deshalb ist es wichtig, dass Sie sich diesem „Tal des Verlassenseins“ stellen.
Trauer, Ärger, Wut und ähnliche Reaktionen sind zunächst einmal völlig normal und nachvollziehbar. Sind sie nicht eine Reaktion unserer frisch verwundeten Seele auf das, was ihr gerade zugefügt wurde? Fast jede körperliche oder seelische Verletzung erzeugt Schmerzen; diese machen uns darauf aufmerksam, dass unsere Integrität beeinträchtigt wurde und wir so schnell wie möglich handeln sollten, um unsere Gesundheit wiederherzustellen. Es geht also darum, solche Gefühle und Reaktionen als Alarmsignale wahrzunehmen und entsprechend zu handeln – und nicht, wie viele Männer, einfach nur darauf zu warten, bis alles irgendwann „verraucht“ ist.
Leichen im Keller
Viel zu oft verscharren Männer die Auslöser ihrer Wut und ihres Ärgers im „Keller ihres Lebens“, bleiben bei Racheplänen hängen oder erstarren im Entsetzen; damit geben sie dieser Wunde keine echte Chance, sauber zu heilen.
Sie kennen sicher diesen Ausspruch von den „Leichen im Keller“, was in unserem Zusammenhang soviel bedeutet wie: Persönliche Negativ-Erfahrungen wurden nicht aufgearbeitet, Konflikte nicht gelöst oder Dinge nicht bereinigt. Stattdessen geht Mann zur Tagesordnung über und versucht Verlassenheit, Enttäuschungen und Schmerzen auf pseudomännliche Weise zu verdrängen oder zu ersäufen – etwa durch Arbeit, Wegschauen oder Flucht.
Ich möchte Sie an dieser Stelle dazu ermutigen, einmal über Ihre eigenen Leichen im Keller nachzudenken. Graben Sie sie aus und handeln Sie!
Freunde suchen
Wir müssen unsere Probleme nicht allein lösen. Dies gilt besonders für uns Männer. Wie oft kann ich mich trotz all meines Bemühens nicht selbst aus dem Sumpf der eigenen Verlassenheit ziehen! Stattdessen kann ich mich auf die Suche nach echten Freunden machen, denen ich mein Vertrauen schenke und in deren Gegenwart ich meine Nöte und meine Verlassenheit in Worte fassen kann.
Ich habe in meinem Leben immer und immer wieder erfahren, wie wertvoll es ist, wenn sich ein anderer Mann Zeit für mich nimmt, wenn ich in Schwierigkeiten geraten bin; er überschüttet mich dann nicht gleich mit gut gemeinten Lösungsvorschlägen, sondern hört mir zunächst einmal aufmerksam zu und solidarisiert sich mit mir. So können nebenbei auch echte Freundschaften entstehen. Dabei heilen Wunden, und persönliches Wachstum setzt ein.
Zugegeben, nicht alle materiellen oder immateriellen Schäden konnten in meinem Leben repariert werden, aber eine neue Saat konnte aufgehen, weil ich mich aufgemacht habe, ohne in meinen Verwundungen stecken zu bleiben.