Aiden Wilson Tozer: Unkonventionelle Wege

Foto mit freundlicher Genehmigung von "The Christian and Missionary Alliance" (www.cmalliance.org)

Aiden Wilson Tozer: Unkonventionelle Wege

Aiden Wilson Tozer gilt als einer der besten christlichen Schriftsteller und Denker des 20. Jahrhunderts. Er war Pastor von großen Gemeinden in Chicago und Toronto sowie ein gefragter Redner und überaus produktiver Autor mit biblischem Einblick und prophetischer Präzision. Seine bekanntesten Bücher, „Gottes Nähe suchen“ und „Das Wesen Gottes“, waren jahrelang Bestseller und werden weiterhin verlegt. Er hatte kein Theologiestudium, sondern war Autodidakt aus Überzeugung und lernte lebenslang. Besonders viel Zeit investierte er in Bibelstudium und Gebet. Sein Wirken beeinflusste Hunderttausende von Menschen bis zum heutigen Tag.

Das ereignisreiche Leben von A.W. Tozer

Aiden Wilson Tozer wurde am 21. April 1897 in einem kleinen Bauerndorf im Westen von Pennsylvania geboren. Im Alter von 15 Jahren fand er während seiner Zeit als Arbeiter bei einem Reifenhersteller durch einen Straßenprediger in Akron, Ohio zum Glauben. Im Jahr 1919, fünf Jahre nach seiner Bekehrung und ohne formale theologische Ausbildung, nahm Tozer seine erste Stelle als Pfarrer in einer kleinen Gemeinde in Fort Nutter, West Virginia an. Von 1928 bis 1959 war er Pastor bei der Southside Alliance Church in Chicago, und die letzten Jahre seines Lebens verbrachte er als Pastor in der Avenue Road Church in Toronto, Kanada.

1946 wurde er in den Vorstand der Christian & Mission Alliance (CMA) gewählt. Im Jahr 1950 erhielt Tozer die Ehrendoktorwürde des Wheaton College. Im gleichen Jahr wurde er der Herausgeber des Alliance Weekly Magazin, einer großen christlichen Zeitschrift in den USA. 1952 bekam er einen weiteren Ehrendoktortitel am Houghton College verliehen.

Tozer pflegte einen einfachen Lebensstil. Seine Frau Ada Cecelia Pfautz und er waren nie im Besitz eines Autos, sondern nutzten Bus und Bahn. Selbst nachdem er ein bekannter Autor geworden war, gab Tozer einen Großteil seiner Tantiemen an diejenigen weiter, die in Not waren. Dabei vergaß er aber häufig die materiellen Bedürfnisse seiner Frau und der sieben Kinder, sechs Jungen und ein Mädchen, worunter die Familie immer wieder litt.

Am 12. Mai 1963 starb er unerwartet. Auf seinem Grabstein in Akron, Ohio steht lediglich geschrieben: „A. W. Tozer – ein Mann Gottes“

Was machte Tozer zu einem Mann Gottes, und was können wir Männer daraus lernen?

Gemeinschaft mit Gott

Erstens hat er viel Zeit mit seinem himmlischen Vater verbracht. Er sagte einmal: „Viele Stunden der Gemeinschaft mit Gott sollten einer einzigen Stunde auf der Kanzel vorausgehen.“ +1 Das haben seine Zuhörer gespürt und waren meistens tief ergriffen und inspiriert, da so viel Kraft von seinen Worten ausging. In den 1950-er und 1960-er Jahren sind viele Besucher, gerade auch viele junge Leute und Studenten, wegen seiner Predigten meilenweit gefahren, um ihn zu hören.

Auch wenn die meisten von uns nicht so viel Zeit in Gemeinschaft mit Gott verbringen können, ist und bleibt die persönliche Zeit mit Gott unersetzbar. Die Stille, die persönliche Auseinandersetzung mit Gott im Gebet und in der Bibel, das formt unser Inneres, um die äußeren Stürme bestehen zu können. Natürlich sind Gebetszeiten mit anderen, Gottesdienste und Gespräche ebenso wichtige Bestandteile des geistlichen Lebens, doch ohne Gemeinschaft mit Gott bleiben wir wie Perlentaucher an der Oberfläche, die nicht bis zum Boden tauchen, um die kostbaren Perlen zu heben.

Gute Berater

Zweitens hatte Tozer immer wieder das richtige Umfeld und gute Berater: Menschen, die seine großen Fähigkeiten und Gaben erkannt und geschätzt haben und ihn nicht in Tätigkeiten hineingedrängt haben, für die er nicht geeignet war. In den Gemeinden in Chicago und Toronto wurde ein Assistenzpastor eingestellt, der sich um Hausbesuche und Seelsorge kümmerte, denn das war nicht gerade Tozers Stärke; so konnte er sich mit ganzer Kraft und Leidenschaft seinem Schreib- und Predigtdienst widmen. Hätten die Gemeinden darauf bestanden, dass er alle Dienste ausfüllen müsste, hätte er seine Begabungen wohl niemals so entfalten können.

Für uns Männer heute ist die Situation nicht viel anders. Auch wir haben unsere Berufung, unsere Gaben und Fähigkeiten und stehen in der Versuchung, Dinge zu tun, für die wir nicht unbedingt befähigt sind (Männer, das ist aber keine Ausrede für lästige Pflichten im Haushalt!). Doch im Laufe unseres Lebens sollten wir immer mehr erkennen, was uns liegt, was wir können und wo Gott uns Gelingen schenkt und uns danach ausstrecken, immer mehr das zu tun, wofür wir geschaffen worden sind und immer weniger das, was uns eigentlich nicht liegt. Das ist kein Alleingang in der Wüste, hier brauchen wir Ratgeber und Freunde, die uns helfen, unseren Tunnelblick zu weiten und die uns auf blinde Flecken und neue Möglichkeiten hinweisen.

Gottvertrauen wichtiger als Ruhm

Drittens war Tozer Gottvertrauen viel wichtiger als Ruhm. Er schien nie darauf bedacht, sich zu profilieren, sondern ließ sich von Gott zur nächsten Aufgabe „befördern“. Diese Bescheidenheit war eine Gabe, zugleich schützte sie ihn davor, sich selbst in den Vordergrund zu stellen. Er vergaß seine einfachen Wurzeln nie und liebte es, in seiner alten Heimat zu predigen. Entgegen dem Trend der damaligen (und auch heutigen) Zeit war er ein entschiedener Gegner von Öffentlichkeitsarbeit. Ihn trieb die Angst, dass die Kirche ein billiger Abklatsch der Welt würde. Er kritisierte, dass Pastoren und Kirchen sich an Hollywood orientierten. Hierzu meinte er einmal: „Sie tun das altehrwürdige Vorgehen der Heiligen ungeduldig ab und streben nach Farbe, Lichtblitzen, Größe, Schwung und Pep. Stilles Vertrauen, Beständigkeit, Ruhe. Auf diese Dinge wird in großer religiöser Aufregung verzichtet.“ +2 Tozer beklagte den Trend, wonach Zahlen vorgehen; daher sei alles möglich, wenn es eine große Menschenmenge anziehe.

Unsere heutige Welt lebt wohl noch mehr von Marketing, Publicity und dem Self-Made-Gedanken. „Tue Gutes und rede darüber“ ist ein häufig genannter Satz. Egal, in welcher Situation wir gerade stehen: Haben wir genügend Gottvertrauen, dass Gott uns erhöht, bevor wir anfangen, die Menschen von unseren Qualitäten zu überzeugen und für uns selbst zu werben?

Klartext reden

Viertens hat Tozer immer wieder unbequeme Positionen vertreten. Das hat ihm nicht nur Freunde verschafft. 1961 schrieb er eines seiner wichtigsten Bücher: „Das Wesen Gottes“. Mit diesem Buch wollte er auf den schleichenden Verfall von Gottes Größe in den Gedanken der Christen aufmerksam machen. Hier ein kleiner Ausschnitt aus dem Vorwort:

„Die Gemeinde hat den Sinn für Gottes Majestät verloren und hat ihre einstige Gottesvorstellung durch eine andere ersetzt, die niedrig und Gott unangemessen ist. Diese für einen glaubenden und denkenden Menschen völlig unwürdige Tat geschah jedoch nicht bewusst oder absichtlich, sondern nach und nach. Doch gerade dieses Unbewusste macht alles noch schlimmer. Die niedrige Gottesvorstellung, die heute unter den Christen beinahe überall zu finden ist, ist auch die Grundlage für zahlreiche kleinere und weit verbreitete Übel.“ +3

In seinen Büchern, Predigten und Artikeln setzte sich Tozer sehr deutlich für die Themen ein, die Gott ihm gezeigt hatte. Dabei scheute er sich nicht vor brisanten Themen und prangerte Missstände offen an, wie zum Beispiel in seinen Artikeln „Der Niedergang einer frommen Führerschaft“ oder „Dem christlichen Gottesdienst wieder Würde verleihen“.

Auch wir Männer des 21. Jahrhunderts sind den Aufs und Abs unserer Zeit ausgesetzt, sehen neue Entwicklungen und Ideen. Aber wir können viel lernen von den christlichen Vorbildern der Vergangenheit; wir können auf die Schriften der Kirchenväter oder Menschen wie Spurgeon, Wesley, Zinzendorf, Bonhoeffer und viele andere zurückgreifen und die Konstanten erkennen. So werden wir nicht von jedem neuen Wind mitgerissen und können auch unpopuläre Positionen vertreten.

Tozer ist das packende Beispiel eines Mannes voller Leidenschaft für Gott, von dem wir uns inspirieren und bewegen lassen können, um wieder Schritte in unsere Berufung als Männer zu gehen.

Anmerkungen

+1 http://www.eduard-foto.com/ecard/zitate.php?start=100&search=&set=100
+2 Lyle W. Dorsett, Voller Leidenschaft für Gott, Holzgerlingen 2009, 184
+3 A. W. Tozer, Das Wesen Gottes, Neuhausen-Stuttgart, 1996, 7
+4 http://www.eduard-foto.com/ecard/zitate.php?start=100&search=&set=100
+5 Ebd.
+6 Ebd.

„Wenn wirklich gläubige Menschen sich um einen gegenwärtigen Christus versammeln, ist es so gut wie unmöglich, einen armseligen Gottesdienst zu erleben. Die eintönigste Predigt kann fröhlich ertragen werden, wenn der süße Duft der Gegenwart Christi den Raum füllt. Doch nichts kann eine Versammlung retten, die im Namen eines abwesenden Gottes gehalten wird.“ +4

 

„Die meisten Christen sprechen von Gott, wie man sonst von einer abwesenden lieben Person spricht, selten wie von jemandem, der gegenwärtig ist. Doch das größte Problem ist, dass sie nicht mit ihm reden.“ +5

 

„Der Mann Gottes soll in seinem Gebetskämmerlein mehr zu Hause sein als in der Öffentlichkeit.“ +6

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