Plötzlich war sie nicht mehr da

Trennung
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Plötzlich war sie nicht mehr da

Adam online: Meistens sind es Frauen, die Männer verlassen – nicht umgekehrt. Auch Sie haben das vor Jahren erleben müssen. Wie war das damals genau?

Ich kam nach einem lang ersehnten ersten USA-Aufenthalt in NY wieder zu Hause an – und dann: „Frau weg, Kinder weg!“ Eine Welt brach für mich zusammen, ich fühlte mich ohnmächtig und hilflos. Mir kam es so vor, als hätte mir jemand den Teppich unter den Füßen weggezogen. Mein Lebenstraum – eine Frau, Kinder, Karriere und ein eigenes Haus – war nur noch eine Seifenblase.

Ich erfuhr recht schnell, dass sie und die Kinder bei Ihrem Ex-Freund war und merkte, wie schnell mir böse Gedanken und Rachegelüste in den Kopf kamen. Kurz darauf hatte ich seine Adresse und wollte mich schon auf den Weg machen … Da sprach eine Stimme zu mir: „Martin, es gehören immer zwei dazu bei einer Trennung!“ Dieser Satz stimmte mich ruhiger, und ich blieb erst einmal zu Hause.

Am nächsten Tag hatte ich einen geschäftlichen Termin. Ich nahm mein Snowboard mit, um in den Bergen einfach wieder einen klaren Kopf zu bekommen. Bei der ersten Abfahrt war ich mental überall, nur nicht auf meinem Board. So hatte ich plötzlich keine Kontrolle mehr und raste auf einen Eisberg zu … Hier blieb ich regungslos liegen, bis der Hubschrauber eintraf und mich ins Krankenhaus flog. Dank eines großen Schutzengels hatte ich nur Brüche und viele Prellungen. Ich war aber total fertig und hatte überhaupt keine Hoffnung mehr. Ich wollte mir sogar das Leben nehmen, aber irgendwie wurde ich zurückgehalten. 

Adam online: Was hat dazu geführt, dass es zur Trennung kam? Was war Ihr Anteil daran?

Wir bekamen am Anfang unserer Ehe schnell hintereinander zwei Kinder, was für unsere noch junge Ehe nicht ganz einfach war. Plötzlich standen die Kinder im Mittelpunkt unserer Ehe, und ich landete bei meiner Frau auf den hinteren Rängen. 

Ich war gerade dabei, eine Firma aufzubauen, und so setzte ich meine Prioritäten falsch, indem ich meine Frau vernachlässigte und mich zu wenig um meine Kinder kümmerte.

Adam online: Wie hat sich Ihr Leben – und das Ihrer Kinder – durch die Trennung verändert?

Meine Frau hat mir bis heute nicht verziehen. Sie hat wechselnde Partnerschaften, was die  „Patchworkfamilie“ immer mehr aufblähen lässt und noch mehr Unruhe rein bringt.

All die kleinen Dinge im Alltag der Kinder bekomme ich kaum noch mit. Durch die räumliche Trennung sehen wir uns nur alle zwei Wochen am Wochenende, ab und zu auch mal nachmittags und im Urlaub. Ich telefoniere viel mit ihnen.

Diese Zeit mit den Kindern kann ich heute viel mehr schätzen als früher; ich erlebe sie als besonders wertvoll und intensiv. Aber es tut immer wieder neu weh, nach dem Wochenende die eigenen Kinder zu einem „fremden Mann“ zurück zu bringen. Ich will Gott vertrauen, dass letztlich er der Vater auch meiner Kinder ist und dass er weiß, was sie benötigen.

Adam online: Was hat Ihnen geholfen, die Trennung zu verarbeiten? Inwieweit spielte Ihr Glaube dabei eine Rolle?

Fast zeitgleich zu unserer Trennung stellte mir Gott einen Freund aus meiner Gemeinde zur Seite. Er hatte ähnliche Erfahrungen in seiner Ehe gemacht, und so konnte ich mit ihm viele belastende Dinge durchgehen. Gott half mir in dieser Zeit meines Lebens sehr; ich kam ihm selbst näher, und das war das Wichtigste.

Adam online: Welche Ratschläge würden Sie einem Mann geben, der von seiner Frau verlassen wurde?

Seien Sie bereit, Ihrer Frau – und auch sich selbst – alles zu vergeben, suchen Sie nicht nach Recht oder Schuld, es bringt Sie nicht weiter! Kümmern Sie sich um Ihre Kinder, wenn Sie welche haben – koste es, was es wolle! Niemand kann Sie als den eigenen Papa ersetzen, investieren Sie sich in diese wichtige Rolle, die Sie nach wie vor für Ihre Kinder einnehmen. 

Lassen Sie Anwälte aus dem Spiel. Die verdienen nur kräftig an Ihrem Unglück und machen mehr kaputt, als dass sie wirklich helfen würden. Suchen Sie lieber einen Mediator als unparteiischen Dritten, zu dem Sie und Ihre Frau Vertrauen haben.

Mögliche Folgen einer Scheidung

1. Scheidung ist die zweitschwerste Lebenskrise im Leben von Erwachsenen.

2. Scheidung führt nicht nur zu weit reichenden körperlichen wie psychischen Verletzungen. Sie zerstört in vielen Fällen die Fähigkeit, mittels Sprache sich zu verständigen.

3. Als Folge davon kommt es in ca. 30 % der  Partnerschaften zu Gewaltepisoden. Das ist viermal so viel wie im Alltag sonst üblich.

4. In der Scheidungsphase werden Kinder von beiden Eltern häufiger als üblich geschlagen.

Prof. Dr. Gerhard Amendt, vormals Institut für Geschlechter und Generationenforschung, Universität Bremen

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Nathanael Bohtz
Nathanael Bohtz
2 Jahre zuvor

Richtig und wahr! Aber wir dürfen nicht hier stehenbleiben. Auch nach einer Scheidung geht das Leben weiter. Mann braucht aber unbedingt einen Freund – Coach – seelsorger, der ihm hilft, die Beziehungsebene, die für das Scheitern verantwortlich ist, neu aufzubauen.
Mann braucht auch Trost – nur nicht in Prostitution und Pornografie, denn das ist ein falscher Trost.
Bin gerne bereit, Männer in solchen Situationen zu coachen oder zu begleiten.