Samstag, 10.00 Uhr: Ich gehe shoppen. Ja, ich bin ein Mann, der freiwillig einkaufen geht, ich genieße es sogar! Männershoppen – im Baumarkt! Seit wir ein Haus gekauft haben, bin ich Schreiner, Elektriker, Fliesenleger, Dachdecker und Maurer. Kein Meister, aber doch ein Multitalent. So winke ich also meiner Familie zu und verabschiede mich mit einem knappen „Ich gehe shoppen“.
Eigentlich brauche ich nur ein paar Muffen, ein 18mm-Kupferrohr, einen ½“-Wasserhahn und Lötzinn. Ich betrete das Paradies der Möglichkeiten und schaue erst mal nach den Motorsägen. In der Elektroabteilung fällt mir dann ein, dass unsere Söhne noch Wandlampen brauchen. Dann verschwende ich fröhlich meine Zeit zwischen den Regalen der Holzabteilung, und so geht das Shoppen immer weiter. Endlich habe ich die paar Muffen und Rohre und stehe an der Kasse. Der Kollege vor mir hat ein Zurrgurt-Set für 4,99 im Wagen. Ups – also nochmal los! Irgendwann landen ca. 20 Teile mit einem guten Gefühl im Kofferraum.
Aber etwas stimmt nicht: Das Rohr, das ich verlängern will, ist ein 15mm-Rohr. Eine Muffe 15mm auf 18mm muss her. Also wieder hin und wieder nach Hause! Nach weiteren drei Stunden ist alles verlötet, sogar auf Anhieb dicht und der Gartenschlauch angeschlossen. Mit einer Flasche Radler sehe ich mir mein Werk an. Fazit: Ich bin zwar kein Profi, aber es funktioniert trotzdem. Was für ein genialer Samstag!
„Es gibt immer was zu tun“, wirbt eines dieser Männer-Einkaufserlebnis-Paradiese. Baumärkte sind eigentlich Männerdomänen. Außer in der Pflanzenabteilung strotzt es nur so vor Testosteron. Hier können Männer in Ruhe shoppen. Typisch Mann? Ich meine: Ja!
* Männer denken in Projekten: Eine Wasserleitung muss her. Das Ziel ist, am Abend den Garten zu wässern. Schnell aufschreiben, was man braucht, und los geht´s! Baumärkte bedienen solche Projekt-Typen.
* Männer genießen die einfache Atmosphäre: Schon mal aufgefallen? Im Baumarkt spart man die Deko. Niedrig-Preisschilder, Holz-, Bitumen- oder Gummigeruch und hohe, reich bestückte Regale genügen, damit Mann sich wohl fühlt. Manche Baumärkte sind so aufgebaut, dass Mann sich gern verläuft.
* Männer vergleichen: Hat der Nachbar eine neue Heckenschere, steht die nächste Investition fest. „Ätsch – ein besseres Modell, aber günstiger als das vom Nachbar“! Männer können nicht anders, als das beste Werkzeug zum Schnäppchenpreis zu erjagen. Baumarkt-Werbeleute wissen das.
* Männer improvisieren: Sie brauchen Pannen. Verändert sich die Situation, wird nicht diskutiert, sondern gehandelt. Und wenn sich die Situation zehnmal ändert, steigert das nur das Adrenalin. Das setzt kreative Prozesse frei. Baumärkte nutzen das und bieten alles an, auch für Pannen.
* Männer haben Ziele: Ist das Ziel in Sicht, werden enorme Kräfte mobilisiert. Da kann es auch mal teurer werden, länger dauern oder über die Schmerzgrenze hinaus gehen. Ziel ist, ein Projekt abzuschließen. Endlose oder sich wiederholende Prozesse sind für Männer frustrierend. Sie setzen Prioritäten und legen Etappen fest, um das eine Ziel schnellstmöglich mit wenig Aufwand zu erreichen.
* Männer sind beratungsresistent: Persönliche Beratung ist meist überflüssig. Viele Männer fragen nie nach dem Weg und lesen keine Gebrauchsanweisungen. Baumärkte bieten deshalb kostenlose Mini-Anleitungen mit Bildern.
* Männer genießen: Die Flasche Bier nach getaner Arbeit, die Grillwurst am Lagerfeuer, das „Cool!“ eines Freundes beim Betrachten der frisch gepflasterten Einfahrt – das reicht. Anerkennung, ob still für sich selbst oder hörbar durch andere, ist wichtig für die Motivation zu neuen Projekten. Baumärkte haben erstaunlicher Weise den Grill, die Kohle und den Anzünder. Wofür? Klar, vor allem für Männer.
* Männer brauchen Ruhe: Nach dem Planen, Erarbeiten, Improvisieren und der Bestätigung kommt automatisch eine Phase der Ruhe. Neue Projekte müssen erst erspäht werden. Die Blasen an den Händen müssen sich erst in Schwielen verwandeln. Mit dem Katalog nimmt man den Baumarkt mit nach Hause. Aber: Nach dem Runterfahren, Erholen und Umgucken geht`s wieder in den Baumarkt, garantiert.
Jesus war gelernter Handwerker – zwar kein Klempner, aber ein selbstständiger Zimmermann, der mit Baumarkt-Typen, wie ich einer bin, unterwegs war: Halbprofis mit Halbwissen, manchmal verpeilt, manchmal genial. Als ihr Meister hat er genau solche Typen ausgesucht, um mit ihnen seine Gemeinde zu bauen (Mt 16,18). Männer sind mit Begeisterung dabei, wenn man die Baumarkt-Strategie kennt und nutzt. Ich frage mich, was wäre, wenn unsere Männergruppen und Gemeinden für Männer so attraktiv wären wie ein Baumarkt?