Wir leben in einer Zeit der Krise auf allen Ebenen! Deshalb müssen wir lernen, ihre bedrohliche Energie zu nutzen, um mit Gott eine tiefere Beziehung zu knüpfen. Denn wir brauchen seine Liebe, Weisheit und Kraft umso mehr, je größer die Bedrängnis ist. Krisen haben das Potential von Erweckung in sich. Sie wecken die Schlafenden auf, wenn die Schwierigkeiten sie selbst treffen und wirklich ins Fragen bringen. Und wer kann das bei Männern schon erreichen? Wenn „alles gut läuft“, besteht dazu ja kein Anlass …
Krise im Zuhören
Vor einiger Zeit sprach ich auf einem Männertreffen, das geradezu exemplarisch für die Krise der Männer war. Nicht, dass es nicht gut vorbereitet gewesen wäre und der Verantwortliche sich nicht vorbildlich verhalten hätte – großes Lob! Auch kamen immerhin etwa 40 Männer und es gab ein leckeres Buffet. Aber die „Bereitschaft zum Zuhören“ schien mir katastrophal zu sein. Jesus mahnt uns ja, darauf zu achten, wie wir hören (Lukas 8,18).
Natürlich kann ich nicht hellseherisch sagen, was bei den einzelnen Hörern wie angekommen ist und was nicht. Männer sind ja Meister darin, sich nichts anmerken zu lassen, auch wenn etwas sie durchaus anspricht. Es handelte sich bei der Mehrzahl der Besucher um Männer, die auch sonst zur Kirche gehen; Männer, die also daran gewöhnt sind, unendlich viele „Botschaften“ und Predigten zu hören, abzusitzen und abzunicken. Die Veranstaltung fand samstagabends statt. Schon am nächsten Morgen würden sie die nächste Predigt im Gottesdienst hören und als passive Zuhörer eine Flut weiterer Informationen und Appelle aufnehmen.
Krise der Überlastung
Im Inneren solcher Männer herrscht eine permanente Krise der Überlastung wegen einer Unzahl unverarbeiteter, halbverdauter Themen. Sie sind wegen dem Vielen nicht in der Lage, das Eine zu hören und zur Reife zu bringen. So sitzen sie die Zeit ab – wie damals in der Schule – und lassen die Worte auf sich niederrieseln. Ihre Aufmerksamkeit ist ebenso gering wie ihre Erwartung.
Auch in der Männergruppe stöhnen viele Männer über ihre Überlastung, und wir reagieren darauf, indem wir uns seltener treffen – oder indem wir die Unregelmäßigkeit der Teilnahme offen als „Unverbindlichkeit“ beklagen. Dabei haben wir ein Gemeindesystem, in dem alles „extra“ ist: Extra-Zeiten für Extra-Veranstaltungen an Extra-Orten!
Das zu durchbrechen ist eine Kunst für Leiter. Sie können die Männergruppe z. B. in die Häuser der Männer verlegen und die Zeiten flexibel halten; das Treffen kann auch in einem Café stattfinden oder ein Spaziergang im Wald sein – so, wie Freunde das tun. Das „normale Leben“ muss der Ort der Begegnung werden. Alles Künstliche, Aufgesetzte, Extra kostet nur unnötige Zeit und Kraft.
Männer brauchen ihre Insel
Meine undankbare Aufgabe als Sprecher war es, gegen diese geballte Unfähigkeit anzukommen, wirklich zu hören, sich wirklich darauf einzulassen und dann auch wirklich zu reagieren. Das Herz dieser Männer war „wegen Überlastung geschlossen“. Das Männertreffen war für viele ein Termin von vielen, der noch irgendwie in den vollen Kalender eingeschoben werden musste. Wahrscheinlich waren die Gedanken mancher „Brüder“ während meines Vortrages schon bei der nächsten Aufgabe.
Nun ist dieses Verhalten für mich sehr nachvollziehbar. Jedoch verhindert es zuverlässig, dass ein Mann aufwacht, zur Besinnung kommt, in sich geht und reagiert. Unsere Reaktion kirchlicherseits, solche Männer dann mit noch mehr Worten und Appellen zu überhäufen, zu noch mehr Veranstaltungen einzuladen und ihnen noch mehr Bücher zu empfehlen, ist völlig kontraproduktiv. Diese Männer brauchen keine weitere Predigt, sondern vier Wochen einsame Insel! Die Stille und Unabgelenktheit, das Fehlen immer weiterer Unterhaltung und Informationen, würde sie vielleicht der Erkenntnis ihres wirklichen Zustandes und ihrer eigenen Wahrheit näher bringen. Verschwindet das Übermaß an Vielem, finden sie vielleicht wieder das Eine, das wirklich zählt und um das es in ihrem Leben wirklich geht:
Das Reich der Himmel gleicht einem Kaufmann, der schöne Perlen sucht; als er aber eine sehr kostbare Perle gefunden hatte, ging er hin und verkaufte alles, was er hatte, und kaufte sie. (Matthäus 13,45-46)
Hallo,
hmm, die Männer wollten nicht zuhören. Tja, evtl. liegt das Problem nicht bei den Männern, sondern daran, dass der Vortragstil schlicht nicht mehr akzeptiert wird. Mein Tipp: Wenn die Teilnehmer nicht zuhören wollen, dann beginne mit ihnen einen Dialog! Bei 40 Teilnehmern ist das überhaupt kein Problem. Ich spreche hier aus eigener Erfahrung als Referent, der genau das schon mehrfach mit Erfolg gemacht hat. Den Bibelvers empfinde ich hier als völlig deplatziert. Womöglich lag die Trägheit ja nicht in der Fähigkeit zu hören, sondern in der zu vermitteln?
Der Rat zu einer Kontemplation ist hingegen nicht schlecht, wenn auch nicht gerade neu.
hallo Frank,
ich stimme dir 100% zu – „wegen Überfüllung geschlossen“. Nicht nur das Herz, das geht beim Kopf schon los.
Das geht selbst mir so. Es bleibt kaum Zeit, Gedanken zu sortieren, schon kommt der nächste Input.
LG Rainer
Uns hat angesprochen: „Diese Männer brauchen keine weitere Predigt,“
Das ist die Herrausforderung des „Referenten.“ Wieder eine Kommunikation anzubieten,
die den anderen abholt, wo er steht!
Und das darf sicher auch eine Predigt sein, denn
ein Wort Christi ist immer heilsame Kontemplation!
So kommt der Glaube aus der Predigt, das Predigen aber durch das Wort Christi. Römer 10, Vers 17
Hallo Bibeltagebuch
Mein Text wendet sich ja nicht gegen das Predigen und die vielen guten Angebote, die ja auch ich als Autor mache. Es geht um das Übermaß. Das Übermaß oder die “ Stapel der unverarbeiteten inneren Ablage“ führen zu drei Symptomen: zu Zerstreutheit, zu Müdigkeit und zu Abstumpfung. Ich denke, jede Männerarbeit aber auch Gemeindearbeit ganz generell hat mit diesen drei Aspekten zu kämpfen.