(K)ein heimlicher Jünger Jesu

Kreuze
© Gerd Altmann / pixabay.com

(K)ein heimlicher Jünger Jesu

Kennen Sie den „heimlichen Jünger Jesu“? In der Bibel lesen wir: „Danach bat Josef von Arimathäa, der ein Jünger Jesu war, doch heimlich, aus Furcht vor den Juden, den Pilatus, dass er den Leichnam Jesu abnehmen dürfe. Und Pilatus erlaubte es.“ (Joh 19,38)

Josef von Arimathäa wartete wie viele andere auf das Reich Gottes. Er ahnte mehr als er wusste, dass es mit diesem Jesus von Nazareth zusammenhängen musste. Doch erst nach dem Tod von Jesus kommt er aus der Deckung und bittet bei Pilatus um den Leichnam. Ich bewundere seinen Mut, denn er musste damit rechnen, ebenfalls festgenommen und inhaftiert zu werden.

Dann folgt die Abnahme des Leichnams vom Kreuz: eine Leiter musste her, vermutlich gab es noch Wachsoldaten, Schaulustige oder Spötter. Denn die beiden Verbrecher, die mit Jesus gekreuzigt wurden, waren wahrscheinlich noch am Leben. Es war sicher sehr mühsam, eine vom Blut verkrustete Leiche, die dazu noch an Händen und Füßen angenagelt war, von der Höhe des Kreuzes herunterzuholen. Danach trugen sie den Leichnam in ein Höhlengrab. Der Evangelist Matthäus berichtet, dass es sogar das eigene Grab des Josef von Arimathäa war.

Josef, der heimliche Jünger

Mich hat die starke, persönliche Identifikation des Josef von Arimathäa mit Jesus angesprochen, wenn auch erst im oder nach dem Tod. Jemanden in sein eigenes Grab zu legen, das klingt für mich wie eine Stellvertretung: Weil jener tot im Grab liegt, darf ich noch etwas länger leben bleiben! Aber wo wollte er sich später selbst bestatten lassen?

In keinem der Evangelien lesen wir, dass er sich zu Jesus bekannt hat, als dieser noch lebte. Er war ein Mitglied des Hohen Rates. Darum musste er nach einem öffentlichen Bekenntnis mit dem Ausschluss rechnen. Wie schwer muss es ihm gefallen sein, so doppelgleisig zu leben, als heimlicher Jünger Jesu? Er konnte und wollte offensichtlich den Preis nicht bezahlen, den eine eindeutige Nachfolge gekostet hätte. – Ich kann den Mann jedoch nicht verurteilen! Wie hätten wir reagiert? Können wir uns das nicht gut vorstellen, dass wir uns damals vielleicht genau so verhalten hätten?

Eine Christenverfolgung wie nie zuvor

Ich sehe heute eine gewisse Parallele: Die Kämpfer des „Islamischen Staates“ haben im Irak und in Syrien große Gebiete eingenommen. Alle Christen mussten fliehen, andernfalls hätten sie Muslime werden müssen oder wären umgebracht worden – und vielen ist es tatsächlich so ergangen! Was wird es da für schlimme Szenen gegeben haben, wenn z. B. Alte und Kranke zurückgelassen werden müssen, um die eigenen Kinder und sich selbst zu retten? Würden Sie freiwillig ins offene Messer laufen, wenn in einer Verfolgungszeit wie dieser der Tod droht? Wäre es theoretisch denkbar, proforma den anderen Glauben anzunehmen, aber heimlich ein Jünger Jesu zu bleiben, wenn man nicht fliehen kann? Vielleicht in der Hoffnung, dass die Freiheit wieder zurückkommt, in der man seinen Glauben wieder öffentlich leben darf?

Was lässt uns so oft zögern, unseren Glauben an Jesus zu bekennen? Es gibt für uns hier in Europa keinerlei Nachteile, höchstens mal ein herablassendes Grinsen, weil wir vielleicht als rückständig eingestuft werden. Dem gegenüber stehen unzählige Christen in aller Welt, die sich für ein Leben mit Jesus entscheiden. Für viele ist das wie ein Todesurteil – und manche von ihnen müssen tatsächlich ihr Leben für den Glauben lassen, wie ich vorher schon gesagt habe. Wir verdrängen das gerne, blenden einfach aus, dass zu unserer Zeit mehr Christen verfolgt werden als je zuvor. Es müssen nicht die bekannten Verfolgerstaaten wie Nord-Korea oder Pakistan sein – es gibt viele Gebiete, in denen Christen um ihr Leben bangen müssen, vor allem, wenn sie sich vom Islam zum Christentum bekehren.

Unsere persönliche Stellungnahme ist gefragt

Was könnte also unser persönlicher Beitrag sein, dass Jesus in unserer Umgebung bekannt wird? Es ist relativ einfach und leicht, da und dort ein einladendes Produkt z. B. von den Marburger Medien weiterzugeben. Diese werden normalerweise gerne angenommen, vor allem wenn sie Schokolade oder Gummibärchen enthalten 😉 Doch ist das alles? Nur ein süßes Angebot? Jesus als „Zuckerguss“ über unserem Leben? Oder finden wir auch noch die passenden Worte, um zu sagen, was Jesus uns bedeutet, dass er unser Leben nachhaltig verändert hat? Können wir in normaler Sprache erklären, wie wir zu Jesus gefunden haben und worin der Unterschied zur allgemeinen Religion oder Kirchlichkeit besteht? Auch ich bin da immer wieder ein Lernender und brauche die Ergänzung durch andere Christen. Ich habe gemerkt, es tut mir und meinem Glauben gut, wenn ich hin und wieder einem Zuhörer erklären kann, was tatsächlich der Unterschied ist und was mir Jesus heute bedeutet – nicht nur damals, als ich mich mit 21 Jahren zu ihm bekehrt habe.

Klare Ansage bringt klare Ergebnisse

In unserer Gemeinde hatten wir vor einigen Jahren einen Glaubenskurs, verteilt auf sechs Wochen. Ich war überrascht zu sehen, dass drei der sechs Teilnehmer am Ende des Kurses bereit waren, ihr Leben in die Hände von Jesus zu geben! Es liegt also zu einem großen Teil daran, wie klar und einladend Christen das Angebot von Jesus darstellen und persönlich erklären. Zwei von diesen neuen Christen sind gestandene Männer. Einer von ihnen ist in der DDR aufgewachsen und hatte dort keine christliche Prägung erhalten. Dieser Mann hat sich im Juni taufen lassen, sein strahlendes Gesicht nach der Taufe werde ich nie vergessen!

Ich möchte Sie dazu einladen, dass Sie sich Gott immer wieder neu zur Verfügung stellen. Das muss nicht spektakulär sein, es kann ein Brief an einen Freund oder Angehörigen sein, z. B. in einem Trauerfall. Es kann ein Leserbrief an die Zeitung sein, um einen Missstand aus christlicher Sicht zu kommentieren. Es kann ein freundliches Wort im Bus, an der Supermarktkasse oder bei einem Krankenbesuch sein. Wenn wir dazu bereit sind, auch etwas zum Lesen bei uns haben, was wir dem anderen mitgeben können, kann Gott uns Menschen über den Weg schicken, die nur auf ein erklärendes oder tröstendes Wort warten.

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Manfred Walzer
Manfred Walzer
3 Jahre zuvor

Immer wieder heißt es, dass Christen um Jesu willen verfolgt werden. Ich meine, dass hier der Fokus falsch ist. Christen werden nicht im Jesu willen verfolgt, sondern weil sie sich einer Mehrheitskultur entgegenstellen, einer Kultur, in der man nicht einfach „ganz anders“ sein kann. Würden sie statt Christen zu werden, Kommunisten, Atheisten, Buddhisten oder Muslime werden – je nach herrschender, anders gearteter Mehrheitskultur – entstünde dieselbe Ablehnung durch fanatische Anhänger der Mehrheitskultur. Man kann dies gut in Pakistan und in Indien sehen, wo liberale, auf Rechtstreue pochende Menschen Ablehnung und Verfolgung erfahren, obwohl sie keine Christen geworden sind.

Unser christlicher Verfolgungswahn ist übrigens identisch mit dem von vielen Muslimen im Westen; die halten sich auch für verfolgt, dabei folgen sie nur nicht der liberalen Mehrheitskultur unserer westlichen Gesellschaften, sondern haben ihr eigenes, oberstes Prinzip (den Koran, den Propheten, Allah – oft in dieser Reihenfolge) und halten deshalb wenig von Demokratie und individueller Lebensgestaltung.

In stark christlich geprägten Gegenden bzw. Zeiten war die Ablehnung bis hin zur Verfolgung Andersdenkender ähnlich. Das vergessen wir oft.