Du hast die Wahl!

© Arek Socha / pixabay.com

Du hast die Wahl!

Vor 22 Jahren haben wir die Wahl fürs Leben getroffen. An einem sonnigen und heißen Tag standen wir in unseren schönsten Kleidern vor der Standesbeamtin und haben bestätigt: „Ja, ich will.“ 

Freiwillig und in Freiheit haben wir beschlossen, den Rest unseres Lebens gemeinsam zu verbringen in guten und in schlechten Tagen. Bald nach dieser Wahl begann unser Alltag als Ehepaar. Die guten Tage waren toll. Und die schlechten Tage ließen auch nicht lange auf sich warten. Und da schlich sich immer mal wieder der Gedanke ein:

„Was, wenn die Wahl falsch gewesen ist?“

„Was, wenn es eine bessere Wahl gegeben hätte?“ Hatten wir uns richtig entschieden? Würde diese Entscheidung wirklich ein Leben lang halten? Es dauerte eine Zeit, bis wir beide merkten, dass wir uns im „Perfektionismus-Land“ aufhielten. Kennen Sie dieses Land? Manche Menschen betreten es regelmäßig, wenn es um Entscheidungen geht. Kleine, mittlere oder auch große Entscheidungen. In diesem Land wird nicht leichtfertig entschieden. Hier entscheidet nicht das Bauchgefühl in Sekunden. Hier wird wohl überlegt, Pro und Contra genauestens unter die Lupe genommen, jeder Schritt auf seine Konsequenzen überprüft. Das Problem am „Perfektionismus-Land“: Es ist klein und eng. Und besteht fast ausschließlich aus Kreisverkehren.

Ist man einmal drin, kommt man nicht so schnell wieder heraus. 

Dieses Land überzeugt durch genau durchdachtes und differenziertes Denken, durch ein hohes Maß an Wissen und Fachkompetenz. Aber hier findet sich ebenso eine große Angst und Unsicherheit. „Was, … wenn?“ –  Das ist bei allen Überlegungen die entscheidende Frage. Mit dieser Frage dreht man sich in sämtlichen Kreisverkehren des „Perfektionismus-Landes“ und kommt keinen Schritt weiter.

Wer die Wahl hat, hat die Qual. Warum ist wählen in Freiheit eigentlich eine Qual? Ist es nicht vielmehr ein Vorrecht? In einigen Ländern dieser Erde dürfen junge Menschen ihren Ehepartner nicht einfach wählen wie wir damals vor 22 Jahren. Hochzeiten werden arrangiert, oft schon bei der Geburt der Kinder. Die Entscheidung liegt bei den Eltern und hat viel mit Ansehen, Geld und Besitz zu tun.

Wir sind sehr dankbar, dass wir in Freiheit wählen durften. Als Christen hilft uns bei großen und wichtigen Entscheidungen der entscheidende Blick nach oben. Zu unserem Gott, der den Überblick hat über Raum und Zeit. Und trotzdem oder gerade deshalb, weil Gott Freiheit ist und Freiheit liebt, entscheiden wir nicht sklavisch, sondern mutig.

Ob eine Entscheidung die richtige war, sehen wir oft erst im Nachhinein.

Am Anfang unserer Ehe stand immer mal wieder die Frage im Raum: „Haben wir uns richtig entschieden?“ Bis wir spürten: die Frage ist falsch. Wir hatten uns entschieden und nun galt es, mit dieser Entscheidung zu leben. Die Frage war nicht: „Hatten wir richtig gewählt?“, sondern „Was werden wir mit dieser Entscheidung tun?“ „Wie gehen wir mit unserer Entscheidung so um, dass wir ein gutes Leben führen? Dass wir unseren Traum einer guten und erfüllten Ehe leben werden?“

Als wir die Frage änderten, änderten wir unser Verhalten. 

Wir entschieden uns für die Arbeit an unserer Ehe, für Menschen, die in regelmäßigen Abständen in unsere Ehe hineinschauten, hilfreiche Tipps geben durften. Wir entschieden uns, unsere Vergangenheit und unsere Herkunftsfamilien anzuschauen, zu reflektieren. Dass unsere Ehe heute so ist, wie sie ist, verdanken wir nicht einer Zufallsentscheidung und auch nicht dem „Perfektionismus-Land“ (aus dem wir Gott sei Dank heute immer schneller herausfinden). Wir verdanken es der Güte Gottes, den richtigen Fragen und der Entscheidung zu unseren Entscheidungen zu stehen. Die Bibel gibt uns den Tipp: Ein jeder sei seiner Meinung gewiss. (Römer 14,5)

Zu wählen ist das eine. Zu seiner Wahl zu stehen, das andere.

Wer die Wahl hat, hat ein großes Vorrecht. Es ist keine Selbstverständlichkeit, seinen Ehepartner wählen zu dürfen. Es ist ebenfalls keine Selbstverständlichkeit, eine Bundesregierung wählen zu dürfen. Die wird zum Glück auch nicht auf Lebenszeit gewählt. Daher kein Stress. In vier Jahren dürfen wir wieder wählen.

Abonnieren
Benachrichtige mich bei
guest
0 Comments
Inline Feedbacks
View all comments