Ängste von Männern

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Ängste von Männern

Über Moshe Dayan (ehemaliger General und Außenminister Israels) wurde gesagt, er kenne keine Angst. Ob das zutrifft, will ich nicht beurteilen. Es wäre jedenfalls sehr ungewöhnlich, da jeder Mensch natürlicherweise Angst empfindet. Angst zählt zu den Schutzmechanismen, die das Individuum in Gefahrensituationen befähigen, zu fliehen oder zu kämpfen.

Tritt die Angst gehäuft auf, wirkt sie hemmend auf die Lebensentfaltung. Dieser Schutzmechanismus meldet sich dann bei Anlässen, die keine existenzielle Bedrohung darstellen, sondern eher als Störungen der Wahrnehmung, der Beziehung oder als Fehleinschätzung der eigenen Position anzusehen sind. Ängstlichkeit führt zu Unsicherheit und Hemmungen. Außer der Ursachenforschung zielen Therapien auf Angstabbau und die Stärkung der Persönlichkeit. Wer um seine Kapazitäten weiß und sich mehr zutraut, hat weniger Angst.

Immer cool und stark?

Männer haben ganz unterschiedliche Ängste. Man(n) möchte unter keinen Umständen schwach wirken oder so wahrgenommen werden. Nach eigener Rollenzuschreibung hat er immer stark oder „cool“ zu sein. Er erwartet von sich selbst, über den Problemen stehen und diese locker lösen zu können und hat den Eindruck, dass auch sein Umfeld dies erwartet. Wer Schwäche zeigt und wem manches misslingt, gilt als Versager.

Die Familie nicht versorgen zu können, eine ungünstige Diagnose beim Arzt zu bekommen u. ä. gehört eher zu den geläufigen Befürchtungen eines Mannes.

Bloß nicht in die Tiefe schauen

Männer sind selten bereit, eigenen seelischen Konflikten auf den Grund zu gehen. Stattdessen verdrängen und kompensieren sie. Die „Leichen im Keller“ zu suchen und zu beseitigen, ist nicht Sache des Mannes. Er vermeidet die Beschäftigung mit den in der Vergangenheit fehlgelaufenen Dingen, die in der Regel zu den heute vorliegenden Störungen und Konflikten führten.

Als Seelsorger oder Therapeut lässt es sich mit der Frau leichter arbeiten. Im Gegensatz zu ihr hat der Mann Angst vor der Aufdeckung des eigenen Inneren. Er tritt die Flucht nach außen an und definiert sich über eine Rolle (Beruf, Hobby etc.), bei der er nicht in Frage gestellt wird, sondern rundum Bestätigung erfährt. Diese Männer sind reifescheu.

Ein Mann ist in der Regel bereit, konkrete Verhaltensratschläge aufzugreifen. Aber in die Tiefe zu blicken und sich selbst völlig anders betrachten zu lernen, umgeht er. Es verunsichert ihn, eine erarbeitete, bekannte Sichtweise aufzugeben. Wer sich aber dieser Aufgabe stellt, erfährt viel über sich und seinen inneren Werdegang. Seine Identität wird differenzierter. Dadurch wird die Weiterreifung der Persönlichkeit eingeleitet, die für die Bewältigung des aktuellen Konflikts sowie künftiger Konflikte unerlässlich ist.

Sexuell versagen

Eine weitere Angst des Mannes besteht darin, sexuell zu versagen. Dies betrifft sowohl junge als auch ältere Männer. Während Frauen oftmals nur Zärtlichkeit suchen, ist der Mann bestrebt, potent und leistungsfähig zu sein. Eine Beeinträchtigung dieser Funktion hat Auswirkungen auf seinen Selbstwert. Erwartet die Frau denn wirklich, dass er immer kann? Er setzt sich selbst unter Druck, weil er Vorgaben umsetzen will, die er in den Medien aufgegriffen hat.

Männer pflegen, ihre Ängste zu verheimlichen, besonders vor ihrer Frau. Warum? Würde sie ihn vielleicht weniger lieben, wenn er sie in seine Gefühle blicken ließe? Ich habe noch keine Frau getroffen, die ihren Mann verachtet hätte, wenn er ihr mitteilte, wie es in ihm aussieht. Häufig wird er ihr umso sympathischer, je mehr er sich ihr öffnet. Mit einer gespielten Stärke kann sie nichts anfangen. Offen geäußerte Sorgen und Ängste bringen ihn ihr näher.

Seine Gefühle zu zeigen gelingt dem Mann oftmals nicht, weil er sie kaum zulässt. Zudem kann er sie selten in Worte fassen.

Sehnsucht und Angst

Der Mann hat Sehnsucht nach der Frau – und er hat Angst vor ihr. Die Frau ist anders. Bei ihrer Erschaffung hat Gott sie aus ihm genommen und sie ihm zur Seite gestellt. Sie stammt aus demselben Material, hat aber ein eigenständiges, „unmännliches“ Denken und Fühlen. Dies macht sie für den Mann so reizvoll und zugleich so schwer verständlich. Die Frau erscheint ihm manchmal wie ein Wesen aus einer anderen Welt. Sie ist als Komplettierung gedacht, wird aber oft als Konkurrenz empfunden, als wollte sie den Mann verdrängen oder beherrschen. In die Geschichte des Christentums und der Gesellschaft sind solche Befürchtungen schon früh eingedrungen. Sie führten zur Unterdrückung der Frau. Ganz ausschalten konnte man die Frau nicht; so wollte man sie zumindest einhegen.

In der Regel sind Männer stärker rational bestimmt. Frauen haben eine bessere Intuition und reaktivere Emotionen. Letzteren versagt sich der Mann, weil sie nicht in sein rationales Denken hineinpassen. Hierdurch verarmt er allerdings. Die Fülle aller Denk- und Wahrnehmungsmöglichkeiten ist erst dann gegeben, wenn Mann und Frau in ihrer Beziehung gleichberechtigt sind. Frauen sind nicht unlogisch; sie haben eine andere Logik als der Mann, nämlich eine „Gefühls-Logik“.

Die Angst vor Kommunikation

Häufig hat die Frau das größere Mitteilungsbedürfnis. Der Mann sieht ein Problem und sucht nach einer Lösung. Dies geschieht meist ohne Kommunikation. Die Frau dagegen kommuniziert das Problem und wägt verschiedene Lösungswege ab. Oft genug hat sie aufgrund ihrer Intuition eine Lösung parat, die sie nicht begründen kann, von der sie aber überzeugt ist, dass sie funktioniert. Fragt der Mann nach dem Warum, gerät sie in Erklärungsnöte. Was man intuitiv erkannt hat, lässt sich nicht erklären, sondern allenfalls im Vollzug verifizieren oder falsifizieren. Die für ihn nicht fassbare Intuition irritiert den Mann.

Auch die Bedürfnisse sind unterschiedlich. Häufig will die Frau reden und der Mann will seine Ruhe. Er hat Angst vor der Kommunikation mit seiner Frau. Sie stellt ihm Fragen, deren Sinn er nicht versteht, und interessiert sich für Details, die ihm irrelevant erscheinen. Das Besprechen von Sachfragen wird dadurch zu einem emotionalen Problemstück.

Das Gelingen einer Ehe steht oftmals in direktem Zusammenhang mit einer gelungenen Kommunikation. Wo sie fehlerhaft ist, schleichen sich Missverständnisse ebenso ein wie Gefühle des Nicht-ernst-Genommen-Werdens oder der Ablehnung. Wenn ein Mann lernt, sich für seine Frau zu öffnen, wird er Freude an der Unterhaltung haben. Auch die Lösung anstehender Fragen wird besser gelingen.

Die Angst vor der ebenbürtigen Frau

Die Umbruchszeit der späten sechziger und siebziger Jahre brachte ein Hinterfragen tradierter Rollen und Verhaltensweisen mit sich. Am meisten Angst vor der Veränderung hatten die Männer. Sie fürchteten einerseits das Chaos, andererseits die Frauenherrschaft, wenn diese stärker positioniert würden.

In der Sexualität hatte die Frau bisher zu funktionieren. Eigene Bedürfnisse sollte sie nicht anmelden; auch wären viele Männer nicht bereit gewesen, adäquat darauf einzugehen. Die sexuelle Revolution führte zur Verwerfung dauerhafter Beziehungen und zur Überhöhung promiskuitiver Bedürfnisse. Manches klang, als sei es von Wilhelm Reich (Orgon-Theorie) übernommen worden, für den das Erreichen des Orgasmus die Lösung aller seelischen Schwierigkeiten nach sich zog. Der Aufklärer Oswalt Kolle hatte ein ganz anderes Ziel. Die Impulse der neuen Bewegung wollte er nutzen, um das Paar zu stärken. So versuchte er mit seinen Veröffentlichungen und Filmen, dem Mann die Angst vor einer ebenbürtigen Frau zu nehmen. Auch wurden Tipps zu einem liebevollen sexuellen Umgang miteinander gegeben. Der Dokumentarfilm „Deine Frau – das unbekannte Wesen“ machte Mut, sie zu entdecken. Dabei entwickelte auch der Mann sich zu einem besseren und verständnisvolleren Gegenüber.

Die Angst abtragen

Niemand muss seine Angst behalten. Man kann sie in Vertrauen verwandeln, indem man sich mit den eigenen Reaktionsmustern beschäftigt und diese hinterfragt. Oft haben sie eine biographische Zuordnung (Beobachtungen, Erfahrungen, Vorurteile) und sind daher ungeeignet für die aktuelle Beziehung. Die Hilfe eines Seelsorgers oder Therapeuten ist bei der Entwicklung neuer, adäquater Denk- und Verhaltensweisen hilfreich, oft sogar unerlässlich. Auch der Frau tut es gut, wenn sie sich den Mann sowie ihren Mann erklären lassen kann. So findet auch sie einen Zugang zu seiner ihr fremden Innenwelt. Das neue Verständnis führt zur Vertrautheit und zum Vertrauen. Für Angst ist kein Raum mehr. Er will mir ja nichts Böses, entdeckt sie. Und sie ist doch nicht so kompliziert und widersprüchlich, wie er bisher meinte. Diese gegenseitige Erkenntnis vertieft die Verbindung der beiden.

Die Angst des Mannes vor der Frau lässt sich, wie viele Ängste, abtragen. Durch die neue Denkweise wird einem bewusst, welche Schätze in der Persönlichkeit des Gegenübers schlummern. Die Frau ist dann nicht mehr „das unbekannte Wesen“, wie Oswalt Kolle seine Dokumentationen betitelte, sondern man ist sich Freund, Gehilfe, Weggefährte und bester Vertrauter geworden. Die Ein-Fleisch-Werdung (1 Mose 2,24) hat nun auch die Herzen erreicht. Theodor Bovet („Die Ehe – das Geheimnis ist groß“) bezeichnet dies als die „Wir-Person“. Das Ich und das Du werden untrennbar eins und verschmelzen zum Wir.

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