Manchmal kann ich es einfach nicht mehr hören – Advent, die Zeit des Wartens! So oder so ähnlich taucht der Begriff des Wartens fast immer in meist christlichen Adventsbotschaften auf.
Volles Programm
Aber mal ehrlich – worauf warten wir eigentlich im Advent? Klar, auf die Ankunft von Jesus! Stimmt sogar! Und wie bereiten wir uns auf diese Ankunft vor? Wie füllen wir die Wartezeit aus? So wie wenn Oma oder die Erbtante zu Besuch kommt? Mit Putzen, Einkaufen, Zubereiten feiner Speisen, edlen Getränke, neuen Klamotten, möglichst die Brückentage mit Resturlaub verbringen? So oder so ähnlich wird die Zeit des Wartens verbracht. Dann noch die eine oder andere Weihnachtsfeier, der Christkindlmarkt, das Ski Opening, Christmas Shopping in irgendeiner Großstadt. Ach ja, die Christmette oder das Krippenspiel am sogenannten heiligen Abend gehören dazu, schließlich haben wir ja auf die Geburt Jesu gewartet – und – Tradition an Weihnachten muss einfach sein. Hauptsache besinnlich.
Und dann war´s das. Berge von Müll und unnützen Geschenken, kurzfristige Freude, danach wieder Putzen, Einkaufen, Warten auf Silvester!
Anderer Fokus
Nur so am Rande: Früher war die Adventszeit eine Art zweite Fastenzeit im Jahreslauf, eine stille Zeit, kein Trubel, kein Lärm. Wie wäre es, all die Vorbereitungen einfach einzustampfen, auf den Hausputz etc. zu verzichten? Stattdessen sich Zeit zu nehmen, sich ganz bewusst in der Adventszeit sein bislang gebautes Lebenshaus, seine Biographie anzuschauen? Die vielen kleinen und großen Erinnerungen hervorzukramen, sich auch den Schattenseiten des eigenen Lebens zu stellen? Aufräumen in den dunklen Ecken des Lebenshauses? Auch mal in den Keller der eigenen Biographie gehen, wo bekanntlich die Leichen liegen?
Die kleinen und großen (Not-) Lügen, Untreue, Unehrlichkeit …
Die doppelte geheime Buchführung im Leben …
Beziehungen, die Schaden genommen haben …
Das eigene Verhalten gegenüber dem Ehepartner, den Kindern, den Kollegen, den Freunden reflektieren …
Fragen nach Versagen zulassen, ungenutzte Chancen benennen, die Abzweigung wiederfinden, an der man falsch abgebogen ist….
Trauer über Verletzungen zulassen …
Schuld bekennen …
Vergebung zusprechen …
Sich seiner Biographie mit allen Schattierungen stellen …
Ach übrigens – der Junge, auf den wir in der Adventszeit alljährlich so sehnsüchtig warten, der kam in einem dreckigen Stall zu Welt, Stroh statt Seide und Satin! Da war auch nichts geputzt und eingekauft oder festlich dekoriert.
Warten im Advent mal anders!
Ein besonderes Geschenk
Und der Junge, der hat übrigens später als erwachsener Mann dein und mein Lebenshaus für immer geputzt, dort am Kreuz von Golgatha.
Nur – zur Krippe solltest du dann schon gehen, ihm deinen Neuanfang zum Geschenk machen. Er freut sich über dieses Geschenk, garantiert! Denn dafür ist er auf die Welt gekommen, uns immer wieder einen Neuanfang zu schenken, mit ihm und seinem Vater im Himmel, mit uns, mit unseren Mitmenschen und Nächsten.
Advent mal anders, wie wär´s? Nimm sein Geschenk an!
Und putzen, wenn du willst, kannst du noch immer, kann ja auch mal nach Weihnachten sein.
Ich wünsche dir und mir eine gesegnete, eine andere Adventszeit!
Vielen Dank für die Inspiration
Toller, ausdrucksstarker, inspirierender Text – vielen Dank!!