Achtsamkeit – eine Befreiung zum Hier und Jetzt

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Achtsamkeit – eine Befreiung zum Hier und Jetzt

Kennen Sie das? Unser Denken und unsere Gedanken geben einfach keine Ruhe, obwohl wir in unserer Seele, in unserem oft so stressigen Alltag dringend Ruheinseln bräuchten.

 

Nicht-Denken ist schwer

Eine simple Achtsamkeitsübung soll zeigen, wie schwer es ist, nichts zu denken. Immer wieder wende ich es als kleines Beispiel an, wenn ich Vorträge über dieses Thema halte:

„Setzen Sie sich bequem auf einen Stuhl, stellen Sie die Füße nebeneinander auf den Boden, legen Sie die Hände entspannt auf Ihre Oberschenkel und halten Sie Ihren Oberkörper aufrecht. Sorgen Sie dafür, dass Sie bequem und entspannt sitzen. Schließen Sie dann die Augen. Ihre Aufgabe lautet nun: Denken Sie eine Minute an nichts. Bitte bemühen Sie sich, diese Übung gründlich und ernsthaft zu machen.“

Von sagen wir mal 100 Zuhörern geben nach der Übung durchschnittlich drei bis fünf Personen an, dass ihnen diese Übung gelungen ist. Diese Menschen sind in Meditation, Stilleübungen oder Achtsamkeitstraining geübt. Die anderen erleben während der Übung eine Fülle von Gedankenmustern, die jeder von uns kennt: In nur einer Minute wird an dies und jenes, an Vergangenes, noch zu Erledigendes oder an Zukünftiges gedacht, auch wenn man nichts denken will.

Das Nicht-Denken ist also schwieriger als wir oft meinen. Wir brauchen aber Auszeiten, um Kraft schöpfen zu können – auch Auszeiten im Denken. Neben der Kontemplation und der Meditation ist das Achtsamkeitstraining eine große Hilfe geworden, zu innerer Ruhe zu finden.

 

Achtsamkeit als Medikament

Achtsamkeit ist eine Fähigkeit unseres Geistes, im Hier und Jetzt zu sein, wahrzunehmen, was in diesem Augenblick geschieht und dieses dann bewusst aufzunehmen. Achtsamkeit ist damit eine „Befreiung zur Gegenwart“ (Michael Huppertz).

Achtsamkeit wird mehr und mehr in den Bereichen Lebenshilfe und Therapie angewandt. Eine natürliche Fähigkeit des Menschen wird neu genutzt, um ein ausbalancierteres, erfüllteres und damit gesünderes Leben zu führen. An der wissenschaftlichen Fundierung der positiven Auswirkungen der Achtsamkeit wird vielfältig gearbeitet.

Achtsamkeitsmeditationen können sogar als ein Medikament gegen Angst, Panik, Depression, Stress, Asthma und andere Krankheiten angesehen werden. Untersuchungen ergaben, dass medizinische Behandlungen allein oft nicht genügten; die Aktivierung von geistigen Kräften leistete darüber hinaus Erstaunliches. Der Zustand von Patienten mit Panikzuständen, Ängsten und Depressionen, die an Achtsamkeitsmeditationskursen teilnahmen, änderte sich innerhalb von drei Monaten erheblich zum Positiven ohne die Zugabe von Medikamenten. Ein Patient, der an großen Schmerzen litt, sagte nach der Teilnahme an einem medizinisch begleiteten Meditationskurs: „Ich habe gelernt, dass ich nicht das Gleiche bin wie meine Gedanken, und als Folge davon, dass ich etwas anderes bin als meine Schmerzen, meine Leiden.“

 

Christliche Schätze wiederentdecken

Für Christen ist es wichtig zu wissen, ob bestimmte alte oder neu entdeckte Methoden der Entspannung, der Achtsamkeit, der Bewusstseinsberuhigung oder –erweiterung mit ihrem Glauben vereinbar sind. „Achtsamkeit“ ist sehr mit dem christlichen „Seid wachsam“ verwandt, das gläubige Christen zweimal jährlich in besonderen Zeiten einüben, um spirituell wieder achtsamer, lebendiger und bewusster zu werden: der Adventszeit und der österlichen Bußzeit, der Fastenzeit.

Der große spirituelle Bereich von Achtsamkeit und Meditation, den das Christentum (und der Buddhismus) abdeckt, wird in den kommenden Jahren noch einige gute und interessante Verbindungen mit der modernen und spiritualitätsoffenen Psychologie liefern. Das Christentum hat hier große Schätze, die wieder neu gehoben werden wollen.

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