„Wie, das Bild soll da nicht hängenbleiben?“ maulte ein Mann aus meiner Gemeinde herum, als wir Frauen dabei waren, unseren Gebetsraum neu auszugestalten. „Nein, an dieser Wand würde es viel besser wirken“, gab ich zu bedenken. – Immerhin ging es um die durchbohrte Hand Jesu.
„Frauen!! Immer müssen sie irgendwas ändern“, moserte er weiter. Schließlich gab er zu, dass es ihm völlig egal sei, ob an den Wänden überhaupt was hängen würde. Das heißt, er hielt es für eine logisch einsichtige Begründung, für mich war es eine Beichte maskuliner Beschränktheit. „Männer!“ dachte ich – oder sagte ich?
Irgendwie kam mir die Situation bekannt vor: der Ehemann, der sich ärgert, dass seine Frau „schon wieder“ neue Gardinen nähen will, Klagen über weibliche Freude am Shoppen gehen …
Ja, wir Frauen haben einen natürlichen Sinn für Schönheit. Wir möchten selbst schön sein, und wir bringen auch gerne Schönes in unsere Umgebung. Seltsam, dass viele Männer sich gerne an den Ergebnissen freuen, aber oft nur wenig Verständnis für die nötigen Vorarbeiten aufbringen.
Im nächsten Gottesdienst ging mir ein Licht auf, als unser Pastor erklärte, wie viel Überwindung es einen Mann kosten würde, seiner Frau Blumen zu schenken: „… wo die doch drei Tage später in der Biotonne landen und zwischendurch nur Dreck machen“. So hatte ich das noch nie gesehen. Von der Nützlichkeit her betrachtet hatte er natürlich völlig Recht.
Als ich wieder in meine „Männer können ganz schön primitiv sein“-Gedanken verfallen wollte, fiel mir ein, dass ich es in anderen Bereichen eigentlich genauso mache: Hauptsache, das Auto läuft und der Computer funktioniert. Keinen Schimmer, wie man sich an solchen technischen Spielzeugen wie Navigationssystemen oder Computerprogrammen erfreuen kann, deren Namen ich noch nicht einmal kenne. Aber auch eben keinen Schimmer, was nötig dazu ist, damit die Dinge tun, wie sie sollen.
Eigentlich bin ich ganz schön froh, dass es Menschen (v. a. viele Männer) gibt, die sich darum kümmern, dass unsere Welt nicht zusammenbricht. Umso schöner, wenn die dann froh sind, dass es andere Menschen (v. a. Frauen) wie mich gibt, die ihre Energie dafür einsetzen, sie zu einem schönen und behaglichen Ort zu machen.
Das Thema des Gottesdienstes war übrigens „Gethsemane“ gewesen: Jesus hat es alle Überwindung gekostet, für uns zu sterben, das macht sein Geschenk besonders wertvoll. Das motiviert mich neu, über meinen weiblichen Schatten zu springen und Männer so anzunehmen, wie sie sind – und andersherum hoffentlich auch. Es kostet uns manchmal Überwindung, die völlig anderen Perspektiven stehen zu lassen, aber gerade diese Überwindung können wir dem anderen schenken.
Wahrscheinlich wird mir immer wieder mal ein „Männer!“ herausrutschen, genauso wie ich noch oft genug das „Frauen!“ zu hören kriegen werde. Hauptsache, es geschieht mit einem Augenzwinkern und dem Wissen: Gemeinsam sind wir stark!