Eine glückliche Ehe – aus zwei Ruinen wird ein Haus

© mavo / shutterstock.com

Eine glückliche Ehe – aus zwei Ruinen wird ein Haus

Was macht eine gute Ehe aus, und wie kann man trotz aller Verschiedenheit eine glückliche Ehe führen? Arno Backhaus gibt gerne von sich, dass er seit 42 Jahren mit derselben Frau verheiratet ist. Zusammen mit seiner Hanna schreibt er Bücher, beide sind seit knapp 40 Jahren freiberuflich tätig. Sie halten Vorträge und Eheseminare.

Adam online: In Ihrem gemeinsamen Eheratgeber „Verliebt, verlobt, verheiratet, verschieden“ schreiben Sie, dass in der Ehe zwei Häuser zu einem Haus zusammengefügt werden. Dabei sprechen Sie sogar von zwei Ruinen. Das klingt nach harter Arbeit. Ist denn eine glückliche Ehe immer harte Arbeit?

Arno: „Harte Arbeit“ klingt so negativ! Wir haben kürzlich im Garten gearbeitet, und das macht richtig Spaß, wenn man anschließend etwas Schönes hergerichtet hat.
Hanna: Wir empfinden beide, dass Ehe Arbeit ist. Diese Arbeit ist mal schwer und mal schön. Es gibt immer wieder tolle Phasen in der Ehe. Das kann dazu ermutigen, an dem zu arbeiten, was an negativen Vorerfahrungen aus der Kindheit da ist. Diese nennen wir „Ruinen“. Hier gilt es, beim anderen darauf zu achten, wo er schmerzlich reagiert auf das, was ich ihm entgegenbringe. Dabei lernt man, dass es Arbeit bedeutet, zueinander zu kommen trotz Verschiedenheit.

Wie erkennt man diese Ruinen, die jeder in eine Ehe mitbringt?

Hanna: Wenn man miteinander lebt, spürt man manchmal, dass man den anderen verletzt, ohne dass man es will. Und dann müssen beide überlegen, was die Ursache dafür ist. Die liegt meistens tiefer, und manchmal braucht es mehrere Situationen, in denen man einander verletzt, um herauszufinden, was die Ursache dafür ist.

Wie lassen sich solche Ruinen gemeinsam abtragen?

Arno: Eine wichtige Voraussetzung dafür ist Wertschätzung. In der Bibel steht, wir sollen Liebe üben. Der Schwerpunkt liegt auf dem Üben, nicht auf der Liebe. Die Liebe fällt einem nicht in den Schoß, sie kommt nicht von selbst. Für eine glückliche Ehe muss ich lernen, was es heißt, den anderen zu lieben. Aber wenn der andere mich wertschätzt und ich mich von ihm geliebt weiß, hilft mir das, mich nicht ständig zu rechtfertigen, wenn er mir hilft, meine Ruinen abzutragen. Das klingt jetzt hier so locker, im Alltag war das oft sehr heftig. Da haben wir uns verteidigt und verletzt, gestritten, geheult und vergeben, aber uns auch wieder verletzt, verteidigt und so weiter …
Hanna: Bis dahin, dass man manchmal auch einfach über Situationen lacht, die sich aus dieser Unterschiedlichkeit ergeben. Das ist bei uns ganz oft so. Aber das bedeutet, dass wir eine gute Art des Umgangs damit gefunden haben.

In Ihrem Buch für eine glückliche Ehe sprechen Sie von der Notwendigkeit, einander zu erziehen und sich gegenseitig wie einen Diamanten abzuschleifen. Hören wir nicht oft, jemanden ändern zu wollen, sei eine schlechte Taktik in einer Beziehung? Was stimmt denn nun?

Hanna: Es ist wichtig, dass ich mich vom anderen angenommen und geliebt weiß. Ich bin für ihn eine einmalige Person, und das beinhaltet auch, dass er mit mir an dem arbeitet, was eine glückliche Ehe behindert. Wir alle wollen eine glückliche Beziehung, aber die Grundlage dafür ist, auch miteinander die Täler zu durchwandern und sich zu fragen: „Was liegt bei dir an Geröll und was bei mir?“ Denn wir sind beide nur Menschen und haben beide Fehler.
Arno: In Sprüche 27,17 steht: „Eisen wird durch Eisen geschärft, und ein Mensch bekommt seinen Schliff im Umgang mit anderen Menschen.“ Es ist keine gute Einstellung, wenn ich in die Ehe hineingehe, um den anderen zu verändern. Es ist eher so: Ich muss selbst meine Ruinen abtragen. Aber dabei kann der andere helfen. Wenn ich dem anderen zugestehe, mich zu schleifen und der andere das mit Wertschätzung und Liebe macht, habe ich schon gewonnen. Das geht dann aber von mir aus, nicht vom anderen.

Dennoch klingt „Abschleifen“ nicht so sehr nach glücklicher Verliebtheit, sondern nach einem schwierigen Prozess, der auch wehtun kann.

Arno: Ja, das kann auch wehtun und schwierig sein – aber nicht nur. Kein Mensch reift in seiner Persönlichkeit, wenn er in Mallorca am Strand liegt. Da werden wir nur braun. Wir werden reife, starke Persönlichkeiten, wenn wir Konflikte angehen und gelernt haben, damit umzugehen. Viele stellen sich eine glückliche Ehe so vor: „Heiraten und dann entsteht etwas Schönes.“ Aber ich muss daran arbeiten, damit etwas Schönes entsteht. Das ist wie bei einem Garten: Wenn ich den nicht bearbeite, wird er überwuchert. In eine Ehe muss ich investieren wie in einen Garten. Dabei mache ich mich dreckig, dabei schwitze ich, das ist anstrengend, aber nicht nur anstrengend.

Es gibt aber auch Bereiche, in denen man sich nicht ändern kann. Wie kann man damit umgehen, dass der andere in manchen Punkten immer anders bleiben wird?

Arno: Meine Frau und ich, wir passen eigentlich gar nicht zusammen! Wir sind in vielen Bereichen sehr unterschiedlich. Dementsprechend hart haben wir oft diskutiert und einander verletzt. Das war ein schwieriger Prozess, bis wir erkannt haben, dass wir uns gegenseitig ergänzen können. Jeder darf in einem bestimmten Bereich so bleiben wie er ist.
Hanna: Wir lassen dem anderen große Freiräume, sodass jeder das tun darf, was ihm gut tut. Trotzdem vergessen wir nie, auch die gemeinsame Entspannung zu suchen und zu planen.

Man hört manchmal bei Trennungen die Erklärung: „Wir waren einfach zu unterschiedlich! Es hat nicht gepasst.“ Was denken Sie darüber?

Hanna: Die haben recht, natürlich passen sie nicht zusammen! Sie sind verschieden. In unserer Welt ist die Ehe eine Möglichkeit, zu zweit ein Ganzes zu werden. Das Geheimnis liegt in der Ergänzung, und dieses Geheimnis zu entdecken ist Training. Es ist ein gefährdetes Geheimnis, weil viele nicht gelernt haben, von sich selbst wegzusehen und auf den anderen zuzugehen.
Arno: Die Aussage „Wir passen nicht zusammen“ ist oft nur ein Zeugnis dafür, dass die Leute nicht gelernt haben, Konflikte so anzugehen, dass sie sich kompatibel machen. Wir sind ein lebendes Beispiel: Wenn Sie uns kennenlernen, merken Sie, dass wir nicht zusammenpassen. Wie kommt es, dass wir 42 Jahre zusammen sind, und je länger wir zusammen sind, desto mehr führen wir eine glückliche Ehe? Nicht, weil wir in dem anderen aufgehen oder wir unsere Rechte hinten anstellen, im Gegenteil: Wir haben beide gelernt, uns durchzusetzen. Wir sind aber kompatibel geworden, wir haben uns als Ergänzung verstanden, nicht als Gegensätze.

Würden Sie sagen, dass es wichtiger in einer Beziehung ist, gemeinsame Werte und Ziele zu haben als einander ähnlich zu sein?

Arno: Gleiche Werte und Ziele zu haben ist die Grundlage für eine Beziehung. Wenn ein Paar im Wertebereich unterschiedliche Ziele hat, dann ist das sehr schwierig. Das ist „Heavy Metal“.
Hanna: Gemeinsame Werte sind auch immer wieder ein Punkt, wo man sich trifft. Wenn wir z. B. total zerstritten in den Gottesdienst, der uns beiden sehr wichtig ist, gegangen sind, dann waren wir anschließend wieder eher bereit, uns zu entschuldigen und uns unsere Fehler einzugestehen.

Inwieweit ist Ihnen da Gott eine Hilfe?

Hanna: Ich habe manchmal Verzweiflung in mir gespürt, wenn wir zerstritten waren. Doch dadurch wurde mein Vertrauen zu Gott gefördert, denn ich merkte, dass Arno nicht alle meine Bedürfnisse erfüllen kann. Ich habe mich dann an Gott gewandt, aber es hat Jahre gebraucht, bis ich nicht mehr alles an Glück von Arno erwartet habe. Und dann hat Gott meine Bedürfnisse doch durch Arno erfüllt. Es ging oft über den Weg zu Gott wieder zueinander. Meine tiefsten Bedürfnisse wurden erst gestillt, als ich losgelassen habe, dass Arno alles erfüllen muss. Ich bin heute mehr als glücklich und dankbar für unsere Beziehung, aber das war nicht immer so.

Welchen abschließenden Rat möchten Sie als langjähriges Ehepaar an junge Paare weitergeben? Was sollten sie unbedingt wissen?

Hanna: Junge Paare müssen unbedingt wissen, dass es wichtig ist, von vornherein bewusst mit der Beziehung umzugehen und daran zu arbeiten. Und dass es sich lohnt, auch in schwierigen Situationen durchzuhalten, denn das Glück steht immer am Ende einer schwierigen Situation und nicht am Anfang.
Arno: Ich rate den Leuten, es bei der Hochzeit genau andersherum zu machen: Bisher wird unendlich viel Geld, Zeit, Kreativität und Liebe in die Hochzeitsfeier investiert und danach in die Ehe nichts mehr. Aber lieber bei Mc Donald‘s mit Bällchen-Bad Hochzeit feiern und das ganze Geld, die Zeit, die Kraft, die Liebe und die Kreativität in die Beziehung investieren! Dann sähe es in vielen Ehen besser aus. Die Hochzeit sollte man viel tiefer hängen und die Ehearbeit viel höher. In eine Ehe muss ich investieren wie in einen Garten. Dabei liegt das Geheimnis in der Ergänzung.

Hanna und Arno Backhaus:
Verliebt, verlobt, verheiratet, verschieden. SCM Hänssler Verlag

Abonnieren
Benachrichtige mich bei
guest
0 Comments
Inline Feedbacks
View all comments