Es ist schon einige Jahre her, als ich auf einem Männerseminar zum Thema „christliche Ehe“ einer der Sprecher war.
Ich werde diesen Abend nie vergessen: trotz weicher Knie war es mir wichtig, offen von den Erfahrungen und Erlebnissen unserer Ehe zu erzählen. Eben nicht nur von den positiven Ereignissen, sondern bewusst auch von den Dingen, die ich gerne aus meinem Lebenslauf gestrichen hätte.
Die Reaktionen bewegten sich zwischen unverständigem Kopfschütteln und betretenem Schweigen. Nur ganz wenige nickten mir aufmunternd zu. „Kopf hoch, auch du wirst es schaffen, heilig zu leben.“, schienen sie zu signalisieren. Ich war heilfroh, als das Thema zu Ende war und ich mich in mein Zimmer zurückziehen konnte.
Doch dann geschah etwas, das mich gleichzeitig tief bewegt und traurig gemacht hat: Ein älterer Mann klopfte vorsichtig an meine Tür. Nach einigem Zögern kam er herein, umarmte mich und begann haltlos zu weinen. Als er sich etwas beruhigt hatte, erzählte er mir seine Geschichte. Er begann mit den Worten: „Du bist der Erste, dem ich das erzähle!“
Seit vielen Jahren hatte er massive Probleme in seiner Ehe und drohte daran zu zerbrechen. Gleichzeitig aber bekleidete er einen wichtigen Posten in seiner Gemeinde. Und dort schien es Spielregel zu sein, ein makelloses, frommes Image aufrecht zu erhalten. Als Christ oder gar Mitarbeiter durfte man einfach keine Probleme in seiner Ehe haben.
Fromme Masken, die Menschen zu ersticken drohen, die ihnen die Lebensfreude rauben und das Leben mit Gott zu einer hohlen Farce machen. Wirkliche Gemeinschaft und echte Veränderung kann nur stattfinden, wo die Menschen ehrlich sein dürfen, angenommen und geliebt werden.