Tiefe Wunden – der Mann mit dem Loch in der Brust

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Tiefe Wunden – der Mann mit dem Loch in der Brust

Kennst du deine tiefsten Wunden und Verletzungen? Kannst du dich an sie erinnern, oder hast du sie verdrängt?

Gott leidet mit jedem, der verwundet wird. Er will dich nicht nur groß und stark machen, sondern er will dir in deinen Wunden begegnen, um sich dir als Heiland und Herr zu erweisen.

Das Loch in der Brust

Ein Junge mit einem großen Loch in der Brust – so hatte ich mal bildlich dargestellt, wie ich mich als Kind gefühlt habe und mich eigentlich noch bis vor kurzem fühlte (inzwischen konnte ich vieles mit sehr guter therapeutischer Begleitung aufarbeiten). Das Loch war meine große klaffende Vaterwunde.

Dass meine extremen Schwierigkeiten, Beziehungen zu leben, aus einer „symbiotischen Mutterbindung“ resultierten, das war mir schon sehr lange klar. Wie sehr mich aber auch der fehlende Vater (d. h. physisch, aber nicht emotional anwesend) geprägt hat, das ist mir erst durch John Eldredge und die Männerarbeit FreeatHeart klar geworden. Weitere Klarheit kam dadurch, dass ich vor rund zehn Jahren zum Ehemann und dann auch Vater dreier Jungs geworden bin.

Habe ich es drauf?

Wie viele Jahre habe ich mich gegrämt beim Gedanken an die verschiedensten Beziehungsanbahnungen, die dann doch immer wieder schnell gescheitert sind. Heute kann ich versöhnt darauf zurückblicken, weil ich weiß, dass mir eben kein Vater gezeigt hat, was es heißt, Mann und Partner zu sein; kein Vater hat mir gesagt, „dass ich’s drauf habe“. Laut Eldredge ist das die wichtigste Botschaft, die ein Vater seinen Kindern – ganz besonders seinen Söhnen – mitgeben kann.

Gott-Vater ist es, der mich ins Leben initiiert, der mich vor neue Herausforderungen als Mann stellt und mir die Kraft und die Wegweisung gibt, diese zu bestehen. Er hat mir auch wunderbare Männer als „Väter“ auf den Lebensweg geschickt. Ich denke hier vor allem an einen großartigen geistlichen Begleiter (Ordenspriester), ohne dessen Unterstützung die radikale Wende vom eingefleischten Single-Mann zum Ehemann wohl nicht gelungen wäre.

Ganz da sein

Heute genieße ich die Momente mit meinen Jungs, wo ich ihnen ein starker Papa sein kann. Wir kämpfen und kuscheln miteinander, und ich spüre, wie sie in tiefen Zügen diese Vaterpräsenz einatmen, die ich selber als Junge nie spüren durfte. Gott macht möglich, dass ich geben kann, was ich selber (in der Form) nie empfangen habe!

Darüber hinaus genieße ich die seelische und körperliche Nähe zu meiner Frau, auch wenn meine Liebe immer unvollkommen bleibt. Ich spüre, wie wir trotz aller unserer Defizite ein starkes Paar sind, das ausstrahlt.

Klar kommt immer wieder mal das „Mamasöhnchen“ in mir durch, der unreife Junge, der sich wegduckt, anstatt seinen Mann zu stehen – oder der Macho, die Kehrseite davon. Doch dies kommt immer seltener vor, und das Leben in Christus, das neue Leben als reifer Mann, der seine Wunden überwunden hat, wächst und nimmt immer mehr Raum ein. Wunderbar!

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Thomas Reichenberger
Thomas Reichenberger
5 Jahre zuvor

Hallo Markus,

ich hoffe es ist o.k., wenn ich dich beim Vornamen nenne … Es fiel mir immer schwer, mich in meine Vaterrolle hinein zu finden. Nächstes Jahr werde ich 50 und ich möchte mich nicht mehr damit abfinden, gerade so meinen Kopf über Wasser halten zu können. Und genau da, hat mich dein, soll ich sagen Zeugnis, angesprochen. Ich bleib dran. Danke für deine ermutigenden Worte!

Liebe Grüße
Tom

Mario Christ
5 Jahre zuvor

Lieber Markus,
ich danke Dir für Deine Offenheit. Dein entschiedener Weg, Dein Herz heilen und das „Mamasöhnchen“ hinter Dir zu lasse, ist eine Ermutigung für andere.
Danke dafür!

Liebe Grüße
Mario Christ – FreeatHeart Deutschland
http://www.freeatheart.de

Christian Kuster
5 Jahre zuvor

Hallo Markus,

danke für diesen Beitrag. Du bist nicht der Einzige, der vaterseelenallein aufwächst. Mich freut es sehr, dass deine Wunden und Entbehrungen zu Perlen und Türen in ein selbstbestimmtes Leben als Mann und Vater wurden. Das tröstet mich für die vielen – von ihren Vätern- verletzten Männer, die noch eine aufregende Seelenarbeit vor sich haben.

Liebe Grüße

Christian Kuster

Jens Beckmann
Jens Beckmann
5 Jahre zuvor

Hallo Markus,
dein Bericht ist ansteckend! Er weckt in mir Initiative und die Sehnsucht, weiter zu gehen: Als Mann, als Ehepartner, als Vater!
Super. Danke.

Ulrich Breest
Ulrich Breest
5 Jahre zuvor

Hallo Markus,
nach deinem Beitrag bin ich froh, dass ich nicht alleine mit meiner Vergangenheit dastehe. Da ich nicht schlecht über meine Eltern reden möchte, kann ich nur sagen, dass ich seit Februar 1980 (!) in psychotherapeutischer Behandlung bin, und seit 7 Jahren sogar bei einer gläubigen Psychotherapeutin, um all den Schmerz zu verarbeiten, denn ich bis zum Tod meiner Eltern erleben musste.
Auch ich bin verheiratet. Wir haben 4 erwachsene Kinder. Aber wenn Gott mir nicht eine Frau geschenkt hätte, die er extra für mich zubereitet hat, dann wäre ich jämmerlich untergegangen.
Ich kann nur bestätigen, dass ich Gott als meinen echten Vater kennen lernen durfte und heute in einem wunderbaren Gemeindeumfeld leben darf. Ich habe erfahren, dass Gott auch erstattet. Heute erlebe ich mit meiner Frau und unseren Kindern, Schwiegerkindern und Enkelkindern eigentlich die schönste Zeit meines Lebens, auch wenn es immer wieder zu schmerzlichen Erinnerungen kommt.
Ich möchte allen Mut machen, die eine schwere Vergangenheit in dieser Hinsicht hinter sich haben, es gibt Hilfe, auch wenn die Folgen vielleicht nie ganz verschwinden! Bei unserem himmlischen Vater können wir uns anlehnen, er nimmt uns in seine Arme und vielleicht dürfen wir auch auf seinem Schoß sitzen. In Lukas 15 dürfen wir Gott als Vater sehr gut erleben.
Vielleicht gibt es Freunde oder Geschwister aus den Gemeinden, die für einen beten. Das hilft wirklich!
Zum Schluss: Auch wenn wir Gottes Hilfe manchmal nicht spüren, oder meinen, er ist ganz weit weg, es gibt ihn, und er überlässt uns nicht dem Zufall.
Herzliche Grüße
Ulrich